SCO vs. Linux: IBM liefert den Quellcode aus

Der SCO Group, mit IBM unter anderem im Rechtsstreit um angeblich unrechtmäßig verwendeten Code in Linux, droht das Delisting ihrer Aktien an der US-Börse NASDAQ.

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Von
  • Detlef Borchers

Der Prozess zwischen der SCO Group und IBM um angeblich unrechtmäßig verwendeten Code durch IBM ist immer wieder einmal für eine kleine Überraschung gut: Entgegen den Erwartungen der Prozessbeobachter legt die IBM keinen Protest gegen die Anordnung der Untersuchungsrichterin Wells ein. Sie hatte vor einem Monat entschieden, dass IBM den Code aller produzierten Versionen der Betriebssysteme AIX und Dynix zur Untersuchung durch SCO freigeben muss. Wie aus einer von Groklaw veröffentlichen Eingabe IBMs hervorgeht, wird IBM das Material ausliefern, das schätzungsweise zwei Milliarden Codezeilen umfasst.

Dagegen wendet sich IBM gegen die zweite Entscheidung der Untersuchungsrichterin, die Notizen und Unterlagen von 3000 der insgesamt 7000 Programmierer aus der zwanzigjährigen Entwicklungsgeschichte der beiden Betriebssysteme zu übergeben. Sowie sich Material der Mitarbeiter in den verschiedenen Versionskontrollsystemen findet, will man der Anordnung folgen; doch alle Dateien und Notizen der Mitarbeiter zu suchen, sei viel zu aufwendig. IBMs Rechtsanwälte berufen sich bei ihrem Widerspruch auf einen Präzedenzfall, in dem die Notizen von 5300 Personen aus 20 Jahren durchsucht werden sollten, was vom Gericht abgelehnt wurde.

Im Rahmen des Widerspruchs verweisen die Anwälte außerdem auf eine Entscheidung der Untersuchungsrichterin vom vergangenen Jahr, nach der IBM keinen Linux-Code zur Beweissicherung ausliefern müsse, da Linux quelloffene Software ist. Diese Entscheidung werde von der SCO Group fortlaufend ignoriert, die von IBM immer wieder den Linux-Code anfordern würde. "Wenn man SCO einen Inch gibt, nehmen sie sich eine Meile", kommentieren die IBM-Juristen das Begehren der Gegenseite.

Unterdessen gibt es Anzeichen, dass sich die Börsenkarriere der SCO Group auf der letzten Meile befindet. Nach einem Bericht der ortsansässigen Salt Lake Tribune hat die SCO Group die bereits erheblich verlängerte Frist verstreichen lassen und ihren Jahresabschlussbericht 2004 noch nicht bei der Börsenaufsicht abgeliefert. Damit riskiert die Firma, dass ihre Aktien vom Handel an der NASDAQ ausgeschlossen werden. Gegenüber der Zeitung bestätigte SCO-Sprecher Blake Stowell, dass man im Verzug sei. Laut Stowell müssten bestimmte Aktienoptionen bei der Bestimmung des Eigenkapitals durch unabhängige Gutachter neu eingeschätzt werden, was die Abgabe des Jahresberichtes verzögere. Mittlerweile bestätigte SCO in einer eigenen Mitteilung, dass die NASDAQ zum 25. Februar das Delisting der SCO-Aktien durchführen wolle, dass man dagegen aber ein Hearing beantragen werde.

Zu den Entwicklungen im Streit zwischen SCO, IBM und der Open-Source-Gemeinde siehe den Artikel auf c't aktuell (mit chronologischer Linkliste zu Beiträgen auf heise online, aus Technology Review und der c't):

(Detlef Borchers) / (jk)