SCO vs. Linux: IBM sieht Copyright-Verletzungen am Werk

In einer Widerklage behauptet IBM, indem SCO zunächst Linux unter Anerkennung der GPL vertrieben habe, dann aber die GPL "abschaffte", habe die Firma gegen IBMs Vertragsklauseln verstoßen.

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Von
  • Detlef Borchers

In ihrer erheblich erweiterten Antwort auf die Klage der SCO Group im Streit um Vertragsbrüche, Copyrightverletzungen und möglicherweise nach Linux übernommenen Source-Code aus ihren AIX- und Dynix-Distributionen führt IBM im fünften Abschnitt der Widerklage neun neue Copyrights gegen die SCO Group ins Feld. Alle neun Copyrights wurden am 2. Februar 2004 registriert und beziehen sich auf den Linux-Kernel. Indem SCO (unter dem Namen Caldera) zunächst Linux unter Anerkennung der GPL vertrieben habe, dann aber die GPL "abschaffte", habe die Firma gegen IBMs Vertragsklauseln verstoßen, die für den Vertrieb der Copyright-geschützten Programme nur die GPL als gültige Lizenz gestatten. Für diese Verletzung der Vertragsbestimmungen macht IBM einen Schadensersatz in ungenannter Höhe geltend.

Mit einer ebenfalls erweiterten Passage unter der Überschrift "IBM und Linux" stellt sich IBM als Firma dar, die voll auf Linux setzt. Sowohl bei der Entwicklung eigener Inhouse-Anwendungen wie bei der Entwicklung neuer Hardware spiele Linux eine tragende Rolle. Außerdem würden viele IBM-Angestellte Linux in ihrer täglichen Arbeit in der Firma einsetzen. Die erfolgreiche Adaption von Linux wird in der erweiterten Antwort gegen die gescheiterten Versuche der SCO Group gesetzt, mit Linux ein tragfähiges Geschäftsmodell zu entwickeln.

Die nun bei Gericht eingereichte Antwort kann auch als durchaus lesbare Zusammenfassung der Firmengeschichte der SCO Group gesehen werden, listet IBM doch auf, wie zunächst Novell und separat auch IBM mit AT&T ins Geschäft kamen. Später gelangte Unix zu Caldera Systems und von dort zur ursprünglichen Firma SCO, die heute unter dem Namen Tarantella firmiert und auf der vergangenen CeBIT ausstellte. Erst danach trat über den Umweg einer Mantelfirma namens Caldera International die SCO Group auf, die mit Novell Verträge über den Vertrieb von Unix schloss. Genau diese von vielen Brüchen und Neufirmierungen durchzogene Geschichte wird von der SCO Group bestritten, die sich als "originale SCO" bezeichnet. Unter dem Motto "The Power of Unix" kündigte die SCO Group heute an, das 25-jährige Jubiläum ihrer glanzvollen Entwicklungsgeschichte auf dem diesjährigen SCO Forum in Las Vegas zu feiern.

Stellungnahmen seitens der SCO Group zur erweiterten Antwort von IBM stehen noch aus, dürften aber vorsichtiger als bisher ausfallen. In der Widerklage hat IBM nunmehr fast jede öffentliche Äußerung aufgenommen, in der SCO-Chef Darl McBride oder andere Top-Manager der Firma übertriebene Darstellungen vom angeblichen Codeklau, von Copyright-Verletzungen oder dem Bruch von Handelsgeheimnissen gegeben hatten.

Zu den Entwicklungen im Streit zwischen SCO, IBM und der Open-Source-Gemeinde siehe den Artikel auf c't aktuell (mit chronologischer Linkliste zu Beiträgen auf heise online und aus Technology Review und der c't):

(Detlef Borchers) / (anw)