SCO vs. Linux: IBM weist Vorwurf des Vertragsbruchs zurück

Unter anderem attestiert ein MIT-Informatikprofessor IBM, dass alle Beiträge des Konzerns zur Linux-Entwicklung aus originärem Code bestehen und keine Derivate aus anderen Betriebssystemen enthalten.

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Von
  • Detlef Borchers

In der Auseinandersetzung zwischen IBM und der SCO Group um angeblich illegal nach Linux kopierten Quellcode hat IBM mit einer umfänglichen Eingabe vor Gericht zusammenfassend alle Vorwürfe der SCO Group zurückgewiesen, bestehende Verträge verletzt zu haben. Dabei nimmt IBM Bezug auf Aussagen ehemaliger AT&T-Manager, die einstmals die Lizenzverträge für den Unix-Vertrieb entwarfen, weist auf Novells Rechte an Unix und Novells Generalabsolution für IBM hin. Außerdem dokumentiert der Konzern, dass die SCO Group bis zum August 2004 selbst den Linux-Kernel der Version 2.4 auf ihren Webseiten zum Download angeboten und damit den inkriminierten Sourcecode unter der GPL vertrieben hat. Schließlich lässt IBM die SCO-Beweisführung ridikül erscheinen, indem mit Randall Davis, Professor für Informatik am renommierten MIT ein Experte aufgeboten wird, der die von SCO beanstandeten Passagen aus IBMs AIX und Dynix mit Linux verglichen hat. Gemäß den Ausführungen im IBM-Memorandum attestiert Davis, dass IBMs Beiträge zur Linux-Entwicklung aus originärem Code bestehen und keine Derivate aus anderen Betriebssystemen enthalten.

Die unendliche Geschichte begann damit, dass die SCO-Group im Frühjahr 2003 behauptete, dass eine Gruppe von MIT-Wissenschaftlern Beweise für den Code-Klau im Linux-Kernel gefunden habe. Trotz mehrfacher Aufforderungen konnte SCO danach weder die Beweise noch die Wissenschaftler präsentieren. Beim MIT dementierte man frühzeitig, dass eine Gruppe von Wissenschaftlern des Instituts für SCO arbeitet.

An der 100 Seiten langen Eingabe ist vor allem bemerkenswert, dass alle von IBM genannten Zeugen in der Frage der von AT&T verfassten Verträge wiederholt bestätigen, dass AT&T keinerlei Interesse daran hatte, ergänzenden Code der Lizenznehmer dem eigenen Portfolio an Rechten zuzuordnen. Vor dem Hintergrund der Antitrust-Untersuchungen gegen AT&T sei es seinerzeit vielmehr darum gegangen, den Unix-Lizenznehmern ausdrücklich zuzusichern, dass ihre Erweiterungen von Unix ihr Eigentum bleiben und AT&T keine Ansprüche habe. Im Gegensatz zu dieser Vertragsinterpretation macht die SCO Group als mögliche Erbin der AT&T-Verträge (ein Erbschaftsstreit mit Novell ist noch vor Gericht anhängig) geltend, dass alle Weiterentwicklungen von Lizenznehmern der SCO Group gehören.

Sollte das Gericht der Eingabe von IBM in der mündlichen Verhandlung folgen, so bliebe von der SCO-Klage nur der Punkt übrig, dass IBM mit SCO in Konkurrenz steht. Für einen von SCO eingeforderten Schadensersatz in Milliardenhöhe ist das nicht ausreichend. Mit Spannung wird daher erwartet, welche Zeugen die SCO-Group aus der AT&T-Periode aufbieten kann, die die Behauptungen des IBM-Memorandums widerlegen.

Zu den Entwicklungen im Streit zwischen SCO, IBM und der Open-Source-Gemeinde siehe den Artikel auf c't aktuell (mit chronologischer Linkliste zu Beiträgen auf heise online, aus Technology Review und der c't):

(Detlef Borchers) / (jk)