SCO vs. Linux: Investor Baystar steigt aus

Parallel zum Ausstieg von Baystar kündigte die wegen angeblich von Unix System V geklautem Code in Linux klagende SCO Group an, dass die Vorlage des Finanzberichts des zweiten Quartals auf den 10. Juni verlegt wird.

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Von
  • Detlef Borchers

Auf der Homepage von Baystar Capital findet sich das Bild eines Jongleurs, der einen Haufen Stühle auf der Stirn balanciert. Nun ist einer der Stühle heruntergefallen: Mit einer von der SCO Group herausgegebenen Mitteilung wurde bekannt, dass sich Baystar aus dem Investment bei der SCO Group zurückzieht, die unter anderem gegen IBM wegen angeblich aus Unix System V geklautem Code in Linux klagt und mit Novell in juristische Auseinandersetzung um das Copyright an Unix verwickelt ist. Dieses hatte nach der Übernahme der Vorzugsaktien der Royal Bank of Canada einen Nominalwert von 40 Millionen Dollar. Zum Ausstieg zahlt SCO an den Investor 13 Millionen Dollar zurück und wandelt die 40.000 Vorzugsaktien in 2.105.263 handelbare Standardaktien um. Zum aktuellen Preis der SCO-Aktie von 4,81 Dollar hat das Aktienpaket einen Wert von 10,1 Millionen Dollar.

Eine Klausel im Ausstiegsvertrag hindert Baystar indes daran, dieses Aktienpaket in großen Tranchen zu veräußern: Der Verkauf von Baystar-Anteilen darf an einem Handelstag nicht mehr als 10 % des gesamten Handels mit SCO-Aktien ausmachen. Gemessen am aktuellen geringen Umfang der Käufe und Verkäufe von SCO-Papieren dürfte Baystar Capital zwischen 85 und 110 Tagen brauchen, die Papiere am Markt zu platzieren und bei sinkendem SCO-Kurs weniger als 10 Millionen erlösen.

Ob Baystar mit seinem SCO-Investment insgesamt einen Verlust gemacht hat, ist noch unklar, weil nicht bekannt ist, zu welchem Kaufpreis der Risikokapitalist die 20.000 Vorzugsaktien der Royal Bank of Canada (RBC) übernommen hat. Die 2/3 -- 1/3-Teilung bei diesem Geschäft mit der RBC, die selbst 10.000 Vorzugsaktien in 740.740 Standardaktien umtauschte, deutet darauf hin, dass hier eine von beiden Seiten vorab vereinbarte Ausstiegssklausel mit einem günstigen Kaufpreis wirksam wurde. Außerdem dürfte Baystar Capital beim Einstieg in die SCO Group Verkaufsoptionen auf SCO-Aktien erworben haben, als der Kurs noch zwischen 15 und 20 Dollar pendelte, und dürfte diese jetzt einlösen. Solche Absicherungen sind bei Risiko-Investments nicht unüblich. In der von SCO herausgegebenen Presseerklärung bedankt sich Larry Goldfarb von Baystar für die Zusammenarbeit mit SCO: "Nach produktiven und inhaltsreichen Diskussionen mit dem Management von SCO, dem Aufsichtsrat und dem Juristen-Team ist Baystar über die gegenwärtigen Pläne und Finanzaktionen von SCO hoch zufrieden, was neue Initiativen, das Management der Klagen und zukünftige Pläne anbelangt, das Geschäft voranzutreiben."

Tatsächlich könnte sich SCO den Ausstieg von Baystar mit vertraglichen Verpflichtungen erkauft haben, das Klagegeschäft weiter zu intensivieren. Nach einem Bericht der australischen Computerworld soll sich SCO verpflichtet haben, das Unix-Geschäft zurückzufahren und sich mehr auf die Verteidigung seiner Rechte zu konzentrieren. Außerdem habe man sich verpflichtet, im Umgang mit den Medien eine zurückhaltendere Art an den Tag zu legen, schreibt das Blatt unter Berufung auf SCO nahe stehende Kreise.

Auf Seiten von SCO begrüßte Geschäftsführer Darl McBride das Abkommen. "Wir glauben, dass der Nettoeffekt dieses Abkommens es der Firma gestattet, die strategischen Initiativen besser zu verfolgen, genügend Geld für die Verteidigung seines geistigen Eigentums zu haben, die gesetzten Ziele zu erreichen und dabei eine größere Flexibilität in unserem Tagesgeschäft zu bekommen." Gegenüber der Zeitung eWeek ergänzte SCO-Sprecher Blake Stowell, dass Baystar weniger Kontrolle über SCO haben werde. "Baystar hat auf gewisse Stimmrechte verzichtet. Zum Beispiel hatte Baystar ein Vetorecht über alle Vergleiche, falls SCO eine Klage beilegen wollte. Nun hat Baystar dieses Recht aufgegeben."

Zeitgleich mit dem Ausstieg von Baystar kündigte SCO an, dass die ursprünglich für heute vorgesehene Vorlage des Finanzberichts des zweiten Quartals auf den 10. Juni verlegt wird. Als Begründung wird das neue Abkommen mit Baystar angeführt -- das jedoch in keinem Zusammenhang mit dem bereits abgelaufenen 2. Quartal stehen kann. Finanzanalysten erwarten, dass SCO im abgelaufenen Quartal einen Verlust von 5 Millionen Dollar ausweisen wird.

Zu den Entwicklungen im Streit zwischen SCO, IBM und der Open-Source-Gemeinde siehe den Artikel auf c't aktuell (mit chronologischer Linkliste zu Beiträgen auf heise online, aus Technology Review und der c't):

(Detlef Borchers) / (jk)