SCO vs. Linux: Vertrauen für den Linux-Kernel [2. Update]

Linus Torvalds schlägt eine Kontrolle und Dokumentation vor, wann welcher Entwickler welchen Patch beigetragen hat -- Auseinandersetzungen um angeblich geklaute Quelltexte wolle man schließlich nicht mehr erleben.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 464 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Gegen die Behauptung der SCO Group, dass Codezeilen von Unix System V in Linux eingeflossen seien, hat Linus Torvalds der Mailing-Liste der Kernel-Entwickler einen Vorschlag zum Patch-Management geschickt. Damit will Torvalds künftigen Klagen im Stil von SCO das Wasser abgraben. Dem Vater von Linux geht es dabei um eine einfache, doch vollständige Dokumentation, wann welcher Entwickler welchen Patch zu einem Software-Projekt beigetragen hat.

Unter Verzicht auf elaborierte Möglichkeiten wie der Authentifizierung eines Patches mit einer digitalen Signatur geht es Torvalds darum, dass jeder Beitragende seinen Code als frei von Rechten Dritter und behaftet mit einer Open-Source-Lizenz unterschreibt. Die Authenzität der "Patch-Freistellung" ergibt sich nach Torvalds aus der Vertrauenskette, wer den Patch zu wem schickt. Entwickler, die nicht die volle Entscheidungskette kennen, die bis zur endgültigen Verankerung eines Patches durchlaufen werden muss, kennen zumindest die ihnen nahestehenden Mitentwickler, welche wiederum einen nahestehenden Entwickler kennen. Auf diese Weise wird nach Torvalds das persönliche Vertrauen dokumentiert, das die Programmierer untereinander hegen.

"Der oben genannte Vorschlag erlaubt es Firmen, die 'Freigabekriterien' festgeschrieben haben, bei denen ein Verantwortlicher den Patch schriftlich freigeben muss, den internen Freigabeprozess einfacher abzuwickeln und abzubilden, auf dass jederzeit geklärt ist, dass die Patches über den richtigen Kanal freigegeben worden sind," begründet Torvalds seinen Vorschlag.

"Es ist traurig, dass mit allen Mitteln versucht wird, die OpenSource-Enwickler in Diskredit zu bringen, ohne jedoch Beweise auf den Tisch zu legen. Falls wir es aber schaffen, mit minimalem Aufwand die Herkunft aller Patches genau zurückzuvollziehen, kann das auf lange Sicht nur von Vorteil sein. Ich als Software-Entwickler denke sowieso lieber an die Vorteile, die es mir bringt, wenn ich später zu jeder Änderung aus vergangenen Tagen noch einen Ansprechpartner finden kann. Das ist mir wichtiger als die juristischen Details", kommentierte Kernel-Entwickler Christoph Hellwig den Vorschlag von Torvalds gegenüber heise online.

Mittlerweile hat auch das Open Source Development Lab (OSDL), bei dem Torvalds und Andrew Morton als Verantwortliche für die Entwicklung des Linux-Kernels tätig sind, die Unterstützung für das von Torvalds angeregte Vorgehen angekündigt. Sowohl Morton als auch Torvalds meinten laut OSDL, sie hätten dies, nunmehr Developer's Certificate of Origin (DCO) genannt, nach positiven Reaktionen aus den Reihen der Kernel-Entwickler als Standard-Vorgehen für Kernel-Patches beschlossen -- was SCO-Sprecher Blake Stowell gleich einmal als indirekte Bestätigung der Position von SCO für sich reklamierte.

Vorgänge wie die von SCO behauptete Übertragung von Unix-Code durch IBM-Entwickler nach Linux sollen nach Ansicht Torvalds mit DCO ein Ding der Unmöglichkeit werden. "Unsere Leute waren ziemlich gut (Understatement des Jahres) die Ansprüche [von SCO] zu entlarven, aber Fakt ist, dass diese Entlarvung das Durchsuchen von alten Mailinglist-Archiven ab 1992 bedurfte usw. Das macht kein Spaß", erklärte Torvalds, der in seinem nun von den Entwicklern diskutierten Vorschlag den Namen SCO als Smoking Crack Organization ausschrieb. Linus Torvalds gehört zu den Entwicklern, die SCO im Prozess gegen IBM vorladen wird, wenn die Beweise für den von SCO behaupteten Code-Klau vorgelegt werden müssen.

Zu den Entwicklungen im Streit zwischen SCO, IBM und der Open-Source-Gemeinde siehe den Artikel auf c't aktuell (mit chronologischer Linkliste zu Beiträgen auf heise online, aus Technology Review und der c't):

(Detlef Borchers) / (jk)