SER-Führung unter Betrugsverdacht

Einen Tag nach dem Insolvenzantrag der Softwarefirma SER Systems AG werfen Aktionärsschützer dem Management Betrug und Untreue vor.

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  • dpa

Einen Tag nach dem Insolvenzantrag der Softwarefirma SER Systems AG werfen Aktionärsschützer dem Management Betrug und Untreue vor. Gegen 14 Führungskräfte des ehemaligen Stars vom Neuen Markt sei bereits Anzeige erstattet worden, sagte der Vorstandschef der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK), Ulrich Schneider, am Freitag der dpa. Es bestünde der Verdacht der Insolvenzverschleppung, des betrügerischen Bankrotts und der Untreue. Die zuständige Staatsanwaltschaft Koblenz wollte sich nicht äußern. "Von diesen Strafanzeigen ist uns nichts bekannt", betonte dagegen eine Sprecherin des Unternehmens aus Neustadt/Wied.

Es gebe keine 14 führenden Manager in der Firma, sondern nur den Alleinvorstand Kurt-Werner Sikora und einen dreiköpfigen Aufsichtsrat, ergänzte die Sprecherin. Der Aufsichtsrat ist laut Schneider ebenfalls von den Strafanzeigen betroffen. Nähere Angaben wollte die SdK nicht machen. SER Systems reiht sich damit in die Schar ehemaliger Neuer Markt-Unternehmen ein, deren Management unter Betrugsverdacht steht.

Am Donnerstag hatte die Softwarefirma beim Amtsgericht in Neuwied Insolvenzantrag gestellt. Zuvor hatte das Unternehmen erfolglos versucht, den Käufer seiner US-Aktivitäten, die amerikanische Gesellschaft KES Acquisitions, zu einer vorzeitigen Zahlung des Kaufpreises zu bewegen. Sikora warf seinem Vorgänger Gert Reinhardt vor, den Zeitpunkt der Zahlung erst für Herbst vereinbart zu haben. Dies sei "angesichts der angespannten Finanzlage von SER unverantwortlich spät" gewesen. KES gehört nach Informationen der SdK dem ehemaligen SER-Finanzvorstand Carl Mergele. Reinhardt und Mergele hätten Deutschland inzwischen verlassen, hieß es bei SER.

Die Insolvenz und ihre Begründung sind Wasser auf die Mühlen der Aktionärsschützer, die den Verkauf der US-Vermögensgegenstände weiter bekämpfen. Die SdK vermutet darin den Versuch Reinhardts, wertvolle Software-Rechte ins Ausland zu schaffen -- und das deutlich unter Wert. Statt der 20 Millionen US-Dollar, auf die sich der ehemalige Vorstand mit KES Acquisitions geeinigt hatte, seien die US-Töchter mehr als 60 Millionen Euro wert. Zudem habe Reinhardt mit dem Verkauf eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Koblenz ignoriert, die das Geschäft eindeutig verboten hatte. Die SdK hat nach eigenen Angaben bereits die Festsetzung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 Euro beantragt.

Nun ruhen die Hoffnungen der 650 Angestellten auf dem vorläufigen Insolvenzverwalter, Rechtsanwalt Jens Fahnster aus Sankt Augustin. SER-Vorstand Sikora hofft, dass der US-Käufer den vereinbarten Kaufpreis noch zahlt. Andernfalls müsse der Verkauf "mit jedem legalen Mittel" zurückgenommen werden, damit dem Insolvenzverwalter für die Sanierung des Unternehmens auch die US-Werte zur Verfügung stünden. Sollte dies nicht gelingen, will die SdK die "noch greifbaren Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder der SER Systems AG persönlich auf Schadensersatz in Anspruch nehmen". (dpa) / (jk)