Sabotage an Nord Stream: Ermittler bestätigen Boot als heiße Spur

Auch zehn Monate nach dem Sabotage auf Nord Stream 1 und 2 gestalten sich die Ermittlungen schwierig. Jetzt äußerten sich Deutschland, Dänemark und Schweden.

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Entwichenes Gas strömt aus der Ostsee

(Bild: Schwedische Küstenwache)

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Deutschland, Schweden und Dänemark haben jetzt offiziell bestätigt, dass sie nach dem Sabotageakt auf die Ostsee-Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 eine heiße Spur rund um ein gechartertes Segelboot verfolgen. In einem gemeinsamen Brief an den UN-Sicherheitsrat erklärten die drei Länder, die jeweils unabhängig voneinander ermitteln, dass auf der Yacht Spuren von Unterwassersprengstoff gefunden wurden und dass das Boot möglicherweise im September 2022 zum Transport der Saboteure genutzt wurde.

Der Sicherheitsrat tagte am Dienstag. Auf Ersuchen Russlands kam der Sabotageakt auf die Tagesordnung. Russland, das einen Angriffskrieg in der Ukraine begonnen hat, beschwerte sich darüber, dass es nicht über den Fortgang der Untersuchungen informiert werde. Deutschland, Schweden und Dänemark erklärten, dass die Untersuchungen sehr komplex und zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen seien. Zur Frage, wer hinter dem Anschlag steckt, wurden keine Angaben gemacht. Im Sicherheitsrat wurden zum wiederholten Male Forderungen nach einer unabhängigen Untersuchung unter Regie der Vereinten Nationen laut. Vorherrschende Meinung in dem Gremium ist aber, erst die Ermittlungen der drei Länder abzuwarten.

Die Spur zum Boot war bereits vor einigen Monaten nach Medienrecherchen bekannt geworden. Deutsche Ermittler hatten Anfang des Jahres die 15 Meter lange Yacht "Andromeda" durchsucht. Ob dieses Boot auch im Mittelpunkt der jetzigen Ermittlungen liegt, lässt der aktuelle Brief offen. Die "Andromeda" soll über eine Briefkastenfirma in Polen angemietet worden sein. Mehrere Personen seien damit von Rostock aus aufgebrochen. Diese stehen in Verdacht, nahe der dänischen Insel Bornholm in 70 Metern Tiefe mehrere Sprengladungen angebracht zu haben.

Bei den Detonationen in den exklusiven Wirtschaftszonen Dänemarks und Schwedens wurden drei von vier Röhren der Erdgaspipeline zwischen Russland und Deutschland schwer beschädigt. Russland hatte Nord Stream 1, die 2011 und 2012 in Betrieb genommen wurde, im Sommer 2022 stillgelegt, Nord Stream 2 wurde niemals offiziell in Betrieb genommen. Dennoch entwich eine erhebliche Menge Methan ins Meer und in die Atmosphäre, die sich zum Aufrechterhalten des Betriebsdrucks in der Pipeline befand. Laut Angaben der Betreiberfirma aus dem Jahr 2012 erzeugten Verdichterstationen auf russischer Seite einen Druck von 220 bar, um das Gas ohne zusätzliche Kompressorenstationen über die 1.224 Kilometer lange Strecke zu transportieren. Beide Pipelines hatten jeweils eine Transportkapazität von bis zu 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr.

Die Pipelines waren für eine Betriebsdauer von 50 Jahren ausgelegt. Jedes einzelne Rohr wiegt laut Betreiberfirma 23 Tonnen. Insgesamt wurden alleine für Nord Stream 1 202.000 betonummantelte Rohre in der Ostsee verlegt.

Russland bezichtigt den Westen, hinter dem Sabotageakt zu stecken. Laut Medienberichten in den vergangenen Monaten verfolgten Ermittler vor allem eine Spur in die Ukraine. Der TV-Sender RTL will indessen nach Recherchen herausgefunden haben, dass eine Drahtzieherin hinter der polnischen Scheinfirma, die die Yacht charterte, eine Russin sein soll.

(mki)