Safaricom: Mobile Finance wird größer als SMS

In einigen Ländern der Erde ist das Handy viel zu wichtig, um damit belanglose Text- oder Bildnachrichten zu verschicken. Dort ist der Mobilfunk längst ein aus dem Alltag kaum mehr wegzudenkender Bestandteil des Geldverkehrs.

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"Mobile Finance wird größer als SMS" – mit dieser gewagten Prophezeiung ließ Michael Joseph, CEO des kenianischen Mobilfunk-Netzbetreiber Safaricom, auf dem Mobile World Congress in Barcelona aufhorchen. Sein Unternehmen betreibt einen M-PESA genannten Dienst, der es Safaricom-Kunden ermöglicht, per SMS Geldbeträge an beliebige Mobilfunknutzer unter Angabe der Rufnummer zu überweisen. Der Betrag wird von einem speziellen Guthabenkonto des Kunden abgezogen und kann bei einem der zahlreichen M-PESA-Agenten in ganz Kenia abgehoben werden. Um Geld versenden zu können, benötigt man kein Bankkonto, muss sich aber einmal registrieren.

Der afghanische Netzbetreiber Roshan hat kürzlich ein gleichartiges System unter dem Namen MPAISA gestartet. Über M-PESA werde in Kenia bereits täglich mehr als eine Million Euro transferiert. Der durchschnittliche Wert einer Transaktion liege bei 2500 Kenianischen Schilling, umgerechnet rund 26 Euro, berichtete Joseph. Grundgebühren gibt es keine, allerdings fallen bei den Überweisungen Transaktionsspesen von etwa einem halben Euro an, die zwischen Sender und Empfänger geteilt werden.

Joseph sieht in M-PESA nicht nur eine Einnahmequelle, sondern auch ein Mittel zur Kundenbindung. Kein Mitbewerber biete derzeit kein vergleichbares System an. Bereits neun Monate nach dem Start habe M-PESA eine Million Kunden gezählt. Die Schlangen vor den Geschäften, in denen der notwendige Tausch der SIM-Karte und die Registrierungen durchgeführt wurden, seien in manchen Fällen drei Kilometer lang gewesen. Joseph betonte, dass man das Geld der Kunden nicht angreife, "es liegt nur auf einem Treuhandkonto. Wir verleihen kein Geld, es gibt keine Zinsen".

"Das ist nicht SMS, wo mal eine Nachricht verloren gehen kann. Die Systeme müssen komplett sicher sein", merkte der Safaricom-Manager weiter an. "Manche Menschen haben ihr gesamtes Vermögen in M-PESA." Die größten Probleme gäbe es mit Kunden, die sich bei der Eingabe der Zielrufnummer vertippen. Aufgrund der unsicheren Situation in Kenia sei der Dienst auch bei Inlandsreisenden beliebt, die in einer Stadt Geld in ihr M-PESA-Konto einzahlten und es sich bei einem Angenten in einer anderen Stadt wieder auszahlen ließen.

Ignacio Mas von der Consultative Group to Assist the Poor (CGAP) berichtete von Projekten in der Mongolei, auf den Philippinen und Malediven, wo Mobiltelefone die nicht vorhandene Bankeninfrastruktur ersetzen würden. "Es geht nicht ums Sparen", sagte Mas, "es geht darum, die eigenen Finanzbeziehungen kosteneffizienter zu managen." Als plakatives Bild erzählte er von den Malediven, deren 329.000 Einwohner auf 200 Inseln versteut leben – aber nur auf fünf der Inseln gäbe es eine Bank. Auf eine Reise in die Mongolei, wo er acht Stunden von der Hauptstadt entfernt die Nutzung der mobilen Finanzdienste studiert habe, sei ihm klargeworden: "Sie haben kein Wasser, keinen Strom, aber ein Handy."

Über eine ganz anderen Variante von Mobile Finance sprach Fernando Alfano von der spanischen Bankinter. Sein Unternehmen informiere die Kunden seit 2001 per SMS, wenn ihre Kreditkarte benutzt werde. So könne Missbrauch schneller gestoppt werden. Außerdem erkenne die Bank, wenn Mobiltelefon und Ort des Kreditkarteneinsatzes weit auseinander liegen – dann werde die Zahlung automatisch gestoppt. Um komplette Kontrolle über die SIM-Karte der Kunden zu haben und dadurch Zusatzdienste inklusive Börsenhandel am Handy anbieten zu können, hat Bankinter inzwischen sogar ein eigenes Mobilfunkangebot auf den spanischen Markt gebracht. (Daniel AJ Sokolov) / (pmz)