Samsung-Netzwerkkameras im Praxistest

Samsung setzt entschlossen auf Kameras mit Netzwerktechnik, wobei die dazugehörige Smartphone-Software nicht überzeugt. Ist das Smartphone womöglich doch die optimale Freizeitkamera? Ein Vergleich.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Robert Seetzen

Samsung setzt entschlossen auf Kameras mit WLAN, die dazugehörige Smartphone-Software konnte im ersten Teil dieses Tests jedoch nicht überzeugen. Ist das Smartphone womöglich doch die bessere Freizeitkamera? Unser Vergleich von Samsung-Kameras und -Smartphones schafft Klarheit.

Die WLAN-Funktionen der ST150F und WB30F erlauben unter anderem den einfachen, auf Wunsch auch automatischen Fototransfer zum Handy, das Versenden von Bildern per E-Mail und das Abspielen von Diashows auf DLNA-tauglichen Fernsehern

(Bild: Robert Seetzen)

Eine mit dem Smartphone per WLAN vernetzte Kamera vereint potentiell das beste zweier Welten. Auf der einen Seite kann klassische Fototechnik kreative Flexibilität und hochwertige Ergebnisse sicherstellen, während das Smartphone den Kontakt zur weiten Welt herstellt und außerdem unterschiedlichste Bildbearbeitungen erlaubt.

Einen besonders preisgünstigen Einstieg erlauben die hier getesteten Samsung-Kameras ST150F und WB30F. Für die sehr schlanke ST150F mit ihrem 5-fach-Zoom sind im Online-Handel derzeit etwa 120 Euro fällig. Die etwas größere, bis auf ihr 10-fach-Zoom und den optischen Bildstabilisator ansonsten aber identisch ausgestattete WB30F, ist ab etwa 130 Euro zu haben.

Bislang unterstützt das Betriebssystem der ST150F und WB30F für Bild- und Videouploads lediglich vier Online-Dienste, dank relativ einfach durchführbarer Firmware-Updates wäre hier in Zukunft aber auch mehr denkbar.

(Bild: Robert Seetzen)

Wir haben die beiden Kompaktkameras mit einem Galaxy S4 verglichen und wollten wissen, wie sich die Kontrahenten bezüglich Bedienung und Bildqualität verhalten. Die Bildqualität der im Smartphone eingesetzten Kamera wird derzeit nur von sehr wenigen Konkurrenzmodellen übertroffen. Der Vergleich mit den beiden Kompakten bestätigt den guten Ruf des S4: Die vom Stativ aus fotografierten Bilder des Testcharts zeigen eindeutig mehr Zeichnung als die Aufnahmen der beiden Kompaktkameras. Farbwiedergabe, Kontrastumfang und das in den Testbildern des S4 sichtbare Rauschen liegen auf ähnlichem Niveau wie bei den Kompakten (siehe Bilderstrecke unten).

Mehr Licht!

Während die beiden Kompakten Empfindlichkeits-Einstellungen bis ISO 3.200 erlauben, lässt das S4 maximal ISO 800 zu. Nach Anbruch der Dämmerung macht das S4 deshalb entschieden weniger Freude als die beiden Kompakten. Deren Bildqualität stürzt oberhalb von ISO 800 zwar drastisch ab, ein von massiver Rauschunterdrückung glattgefressenes Bild ist verwackelten Fotos aber in aller Regel vorzuziehen.

ISO-Vergleich (3 Bilder)

ISO 100

Handy schlägt Kamera: Das Galaxy S4 zeigt feine Strukturen deutlich detaillierter an als die beiden Kompaktkameras und die Galaxy Camera (Bild: Robert Seetzen)

Hinzu kommt, dass die WB30F dank ihrer optischen Bildstabilisierung oft gar nicht erst in den höchsten ISO-Stufen arbeiten muss. In der Praxis bringt die Stabilisierung etwa zwei Lichtwerte, was beispielsweise eine Aufnahme mit ISO 800 statt ISO 3.200 erlaubt. Bei sehr magerer Beleuchtung mit ISO 3.200 betrieben, erlaubt die WB30F wiederum verwacklungsfreie Aufnahmen mit einem Sechzehntel des Lichts, das ein Galaxy S4 benötigen würde.

Mehr Klarheit

Einen deutlich besseren Eindruck als die beiden Kompakten hinterlässt das S4 bei der Bewertung des Displays. Mit seinem 5 Zoll großen, leuchtstarken und extrem hochauflösenden Touchdisplay erlaubt das Smartphone eine wesentlich bessere und komfortablere Bildkontrolle als die Kompaktkameras.

Insgesamt gefällt die Handhabung der beiden Kameras dennoch etwas besser. Zwar geht es bei der Bewertung von Tastenbelegungen und Menüstrukturen stark um persönliche Vorlieben und Gewohnheiten. Die dedizierten Tasten und Menüs der Kompakten lassen in der Summe aber eine etwas effizientere Bedienung zu, als die von Samsung standardmäßig installierte Kamera-App.

Mehr Überblick

Die Panorama-Funktion des Galaxy S4 erzeugt Schwenkpanoramen von 360 Grad Umfang und bis zu rund 3.000 Pixeln Auflösung an der kurzen Seite (also meist der Y-Achse), die Auflösung der langen Seite erreicht maximal rund 20.000 Pixel.

(Bild: Robert Seetzen)

Den im Vergleich zum Smartphone größten Vorsprung arbeiten die beiden Kompakten durch ihr optisches Zoom heraus. Mit Kleinbildbrennweiten von 25 bis 125 mm (ST150F) und 24 bis 240 mm (WB30F) eröffnen beide Kameras wesentlich größere Möglichkeiten zur Bildgestaltung als das Galaxy S4 mit seiner festen Brennweite von 31mm.

Bereits die deutlich kürze Anfangsbrennweite ist in der Praxis immer wieder wertvoll. Wer in geselliger Runde eine Gruppe fotografiert, wird mit dem Galaxy S4 bei gleicher Kameradistanz weniger Personen aufs Bild bekommen als mit einer der beiden Kompakten.

Bei Landschaftspanoramen ist wiederum das S4 im Vorteil. Während die Kompaktkameras Schwenkpanoramen sogar im Hochkantformat nur mit rund 1.200 Pixeln vertikaler Auflösung aufnehmen, erzeugt das S4 Hochkantpanoramen mit rund 3.000 vertikalen Pixeln. Zudem endet die Bildaufzeichnung bei beiden Kompaktkameras bereits nach etwa 180 Grad, das S4 erzeugt Panoramen mit einem Umfang von vollen 360 Grad.

Näher dran

Wer entfernte Objekte oder Motivdetails einfangen will, stößt mit dem Smartphone schnell an Grenzen. Das beim S4 recht bequem mit der Lautstärkewippe bedienbare Vierfach-Digitalzoom ist wegen der damit verbundenen Qualitätsverluste selbst als Notlösung kaum zu gebrauchen. Bereits die ST150F setzt Sehenswürdigkeiten dank ihres 5-fach-Zooms wesentlich eindrucksvoller ins Bild, als dies mit der festen Brennweite des S4 gelingt. Nochmals größer ist der Vorsprung mit der WB30F und ihrem 10-fach-Zoom.

Zoomvergleich (2 Bilder)

Gesamtansicht

Mit 31 Millimetern Brennweite bietet das Galaxy S4 bereits mehr Weitwinkel als die meisten Smartphones, die WB30F liefert dank 25mm Brennweite dennoch mehr Überblick (Bild: Robert Seetzen)

Wegen der relativ kurzen Brennweite des S4 und ihres sehr kleinen Bildsensors fehlt zudem jegliche Schärfedifferenzierung, Hintergrundelemente treten meist ebenso scharf ins Bild wie die fotografierte Person. Bereits die ST150F liefert deutlich ansprechendere Portraits als das S4, wenngleich die Schärfetrennung auch hier erwartungsgemäß gering bleibt.

Auch bei den Tests der Makro-Eigenschaften liegen die beiden Kompaktkameras klar vorn. Die kleinstmögliche mit dem S4 fotografierbare Fläche misst 5,8 × 4,3 cm, allerdings muss dazu bereits manuell ein Fokuspunkt gesetzt und die rot warnende Farbe des Fokusfeldes ignoriert werden. Die ST150F nimmt ohne besondere Eingriffe eine minmale Fläche von 4,4 × 3,3 cm auf, kann ein Motiv also nahezu doppelt so groß abbilden wie das S4. Die Makroleistungen der WB30F sind kaum schwächer, hier misst die kleinstmögliche Motivfläche 4,5 × 3,4 cm.

Fazit

Im Vergleich zum Galaxy S4 und der Galaxy Camera wirken die beiden Kompaktkamera in der Draufsicht fast winzig

(Bild: Robert Seetzen)

Herausragende fotografische Qualitäten haben weder die ST150F noch die WB30F zu bieten, beide Kameras liefern eine für ihre Preisklasse typische Ausstattung und Bildqualität. Den direkten Vergleich mit der Kamera eines Spitzenklasse-Smartphones gewinnen die beiden Kompakten dennoch ganz locker.

Dieses Ergebnis darf ganz unbesorgt auf die gesamte Klasse preisgünstiger Markenkameras übertragen werden. Dank ihres Zooms, dem meist größerem Weitwinkel und höherer ISO-Empfindlichkeit eignen sich Kompaktkameras vom Schlag der ST150F und WB30F für ungleich vielfältigere Einsatzzwecke als fast jedes derzeit erhältliche Smartphone. Eine zumindest mittelfristige Marktchance bleibt der günstigen Kompaktklasse freilich nur, wenn Vernetzungsfunktionen bald wirklich zur regulären Ausstattung gehören.

Bleibt die Frage, ob oder wann Smartphones mit dedizierten Kameras gleichziehen können. Theoretisch ist das natürlich längst möglich, in der Praxis bremst der Konflikt zwischen physikalisch notwendiger und tatsächlich marktfähiger Baugröße das Vorhaben jedoch deutlich aus. Der Erfolg oder Misserfolg des neuen Galaxy S4 Zoom wird in diesem Zusammenhang interessante Hinweise liefern, wie groß, dick und schwer ein Handy heutzutage sein darf.

Konzepte wie das der fraglos interessanteren Galaxy Camera scheinen in diesem Zusammenhang eher chancenlos. Funktional ist sie den hier getesteten Smart Cameras und vergleichbaren Modellen anderer Hersteller natürlich weit überlegen. Warum aber sollte eine Kamera mit teurer, platz- und stromfressender Rechen- und Sendetechnik ausgestattet sein, die das allgegenwärtige Smartphone ohnehin schon bietet?

Kaufentscheidungen laufen derzeit also auf die Wahl zwischen einem Spitzenklasse-Smartphone mit leistungsstarker Kamera und einem Team aus Standard-Smartphone und WLAN-Kamera hinaus. Gute Argumente gibt es für beide Varianten, über die größere Flexibilität und die technisch besseren Fotos werden sich jedoch zumeist und wohl noch eine ganze Weile die Besitzer einer "echten" Kamera freuen. (tho)