Samsung erschummelt sich bessere Benchmarkwerte fürs Note 3

Das Galaxy Note 3 erreicht bis zu 20 Prozent bessere Ergebnisse in bestimmten Benchmarks, weil es die Drosselung des Chips abschaltet. Ein Vorsprung gegenüber der Konkurrenz, der im Alltag so gar nicht vorhanden ist.

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Samsung ist erneut dabei erwischt worden, Benchmarkergebnisse seiner Smartphones aufzuhübschen. Wie Ars Technica berichtet, arbeitet das Galaxy Note 3 mit einer Liste von Benchmarks, bei denen es eine automatische Drosselung des Prozessors verhindert. In den ausgewählten Benchmarks erreicht das Smartphone so bis zu 20 Prozent mehr Punkte als ohne diese Manipulation. Wird das App-Paket dagegen umbenannt, fallen die Ergebnisse auf Werte zurück, die auch die Konkurrenz mit dem gleichen Prozessor erreicht. Bereits bei einigen Modellen des Galaxy S4 verwendet Samsung für einige Apps ein Profil, das den Takt der Grafikchips höher setzt.

Das Galaxy Note 3 von Samsung verhält sich in einigen Benchmarks anders als im Alltag.

(Bild: Samsung)

Diesmal ist offenbar auch die in Deutschland vertriebene LTE-Version des Note 3 betroffen. Anhand eines von Samsung gestellten Testgeräts konnten wie die Vorwürfe von Ars Technica bestätigen. Gegenüber dem Konkurrenten LG G2 – das ebenfalls mit einem Snapdragon 800 bestückt ist – erreicht es auch in unseren Tests teilweise deutlich bessere Werte in den betroffenen Benchmarks. Der Vorsprung im Geekbench 3 ist dabei besonders deutlich, hier liefert das Note 3 sogar rund 30 Prozent mehr Punkte ab. Aber auch im GFXBench 2.7 (der ehemalige GLBenchmark) oder in Quadrant erreicht das G2 weniger Punkte – alle drei Apps stehen auf der entdeckten Samsung-Liste.

Das deutlich größere Xperia Z Ultra mit 6,4-Zoll-Display erreicht zwar insbesondere im Geekbench und GFXBench Werte, die näher am Note liegen, muss ihm aber in dessen bevorzugten Benchmarks dennoch den Vortritt lassen. Einige prominente Apps fehlen in Samsungs Liste, darunter der 3DMark. Dort liefert das Note im Grafikteil auch erstaunlich gute Werte, fällt aber im Physiktest hinter das Z Ultra zurück.

In der Coremark-Version der c't drosselt der Chip nach zwei Durchläufen bereits deutlich.

Annähernd Gleichstand herrscht dagegen, wenn das Note 3 einen Benchmark nicht kennt: Für unsere CPU-Messwerte verwenden wir eine Coremark-Version, die bei Samsung nicht auf der Liste steht. Hier fiel das Note sogar zunächst durch deutlich niedrigere Werte auf als das G2, drosselte also offenbar noch stärker. Zwar erholten sich die Werte bei weiteren Durchläufen und lagen im Maximum leicht vor dem G2. Insgesamt schwankten bei beiden Geräten die Werte aber immer wieder deutlich, insbesondere bei schneller Wiederholung des Test. Eine Drosselsperre existierte hier also nicht. Eine ausführliche Betrachtung von LG G2 und Note 3 wird es in der c't 23/13 geben.

Anscheinend gefährdet Samsung den Chip aber nicht um jeden Preis: Auch bei Anwendungen auf der Liste drosselte er den Takt nach längerer Belastung kurzfristig, jedoch deutlich weniger und nur einige Augenblicke.

Dass die Manipulation überhaupt sinnvoll ist, liegt auch an den neuen leistungsfähigen SoCs. Rechnen alle vier Kerne dauerhaft mit maximalen Takt, steigen Abwärme und Energieaufnahme in Grenzbereiche, die bei Dauerbelastung problematisch für den Chip sind. Für die vollgepackten flachen Gehäuse der Smartphones sind Snapdragon 800 oder Tegra 4 bei maximal möglicher Taktrate eigentlich nicht mehr perfekt geeignet.

Der AndEBench steht auf der Liste von Samsung und drosselt den maximalen Takt auch nach mehreren Durchläufen nicht.

Ohne die Eingriffe in die automatische Steuerung konnten wir in normalen Anwendungen die 2,3 GHz nur selten als kurzzeitige Spitze beobachten. Die meiste Zeit bewegte sich der Takt zwischen 1,5 und 1,7 GHz, wenn alle vier Kerne ausgelastet wurden. Der Maximaltakt ähnelt so eher dem Turbo-Modus bei Desktop-Prozessoren, der nur dann zum Tragen kommt, wenn nicht alle Kerne ausgelastet sind.

Geworben wird bei allen Modellen mit dem höheren Takt. Samsung geht schlicht eine Schritt weiter und gaukelt vor, dass der Chip die volle Leistung problemlos ausschöpfen kann. Dabei wären die aktuellen High-End-Smartphones auch ohne diese Manipulation deutlich schneller als die letzte Generation oder auch der kleine Bruder Snapdragon 600, der in der internationalen Version des Galaxy S4 steckt.

Bei der Octa-Core-Variante des S4 verteidige Samsung das Vorgehen damit, dass nur in anspruchsvollen Spielen der Grafikchip mit geringerem Takt laufen würde, in anderen Apps aber normal zur Verfügung stünde. Für die aktuellen Änderungen steht eine Stellungsnahme von Samsung noch aus. (asp)