Samsungs Smart-Camera-Konzept im Test

Wer unterwegs fotografiert, greift längst viel häufiger zum Smartphone als zur klassischen Kamera – trotz vieler Nachteile bei Bildqualität und Gestaltungsspielraum. Die "Smart Cams" von Samsung sollen beide Welten miteinander verbinden.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 2 Kommentare lesen
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Robert Seetzen

Wer unterwegs fotografiert, greift längst viel häufiger zum Smartphone als zur klassischen Kamera – trotz vieler Nachteile bei Bildqualität und Gestaltungsspielraum. Die "Smart Cams" von Samsung sollen beide Welten miteinander verbinden. Ein zweiteiliger Test untersucht die Praxistauglichkeit des Konzepts.

- Kommt ein Nikon-Smartphone
- Canon EOS-70D mit WLAN
- Fujifilm X-M1 kommuniziert drahtlos

Die Kameras aktueller Oberklasse-Smartphones liefern mittlerweile bemerkenswert gute Resultate, Unterschiede zum Niveau von Einsteiger- und Mittelklasse-Kompaktkameras sind kaum noch erkennbar (Smartphone vs. Kompakte, c't Digitale Fotografie 2/13). Dennoch müssen Smartphone-Fotografen mit Einschränkungen zurechtkommen, etwa dem Verzicht auf einen optischen Zoom, starkem Rauschen abseits hellen Tageslichts und oft langen Reaktionszeiten.

Smart- und Android-Kameras (8 Bilder)

ST150F

Kompakte Smart-Camera (Bild: Samsung)

Gemeinsam stärker

Die Samsung-App nimmt via WLAN-Direktverbindung Kontakt zur Kamera auf, was im Test ganz überwiegend zuverlässig funktioniert hat

(Bild: Robert Seetzen)

Einen Ausweg aus dem Dilemma versprechen Kameras mit eingebautem WLAN, wie sie derzeit unter anderem von Samsung, Canon und Sony zu haben sind. Der Grundgedanke ist einfach: Wo die Handykamera nicht genügt, springt eine dedizierte, mit dem Smartphone drahtlos koppelbare Kompakt- oder Systemkamera in die Bresche. Die Kamera liefert das Bildmaterial, das Smartphone übernimmt auf Wunsch den Transfer der Fotos ins Netz, die Zuordnung von Geotags oder auch allerlei Bildverschönerungen. Nach der Anmeldung in einem WLAN-Netz können entsprechend ausgerüstete Kameras zudem auch ohne Hilfe des Smartphones Fotomails versenden, Bilder in sozialen Netzwerken veröffentlichen oder auf dem Fernseher eine drahtlos übermittelte Diashow präsentieren.

Im noch jungen Markt der WLAN-Kameras gibt bislang vor allem Samsung den Ton an, kein anderer Hersteller hat ein ähnlich umfassendes Angebot netztauglicher Kameras im Portfolio. Die Palette reicht von preisgünstigen Kompaktkameras um 130 Euro bis zur den Systemkameras der NX-Serie, obendrein gibt es zwei mit UMTS und einem vollwertigen Android-Betriebssystem ausgestattete Kamera- / Smartphone-Hybriden. In unserem Test geht es allerdings um Samsungs Betriebssystems "Smart Cam 2.0" und die Smartphone-App "Samsung Smart Camera". Ein exemplarischer Test der beiden Smart-Cams ST150F und WB30F folgt im zweiten Teil.

Smart Camera

Wer ein mit NFC ausgestattetes Smartphone und auch eine entsprechende Kamera besitzt, kann die Verbindung beider Geräte besonders einfach herstellen

(Bild: Robert Seetzen)

Die für Android und iOS kostenlos verfügbare App Samsung Smart Camera arbeitet als Bindeglied zwischen Kamera und Handy. Wir haben ausschließlich die Android-App getestet, die Beschreibung der iOS-Version im Apple App Store lässt eine identische Funktionalität vermuten. Smart Camera etabliert eine direkte Drahtlosverbindung zur Kamera, ist also nicht auf einen WLAN-Router angewiesen. Im Test funktionierte die Verbindung überwiegend problemlos, einzig mit einem etwas älteren Asus Eee Pad Transformer war trotz korrekt erkannter Gegenstelle partout keine Zusammenarbeit möglich.

Der auf den ersten Blick interessanteste Betriebsmodus von Smart Camera, AutoShare, übermittelt Fotos unmittelbar nach der Aufnahme in voller Auflösung an das Smartphone. Eventuell mittels GPS oder WLAN-Positionsbestimmung verfügbare Geodaten legt Smart Camera in den Metadaten des Bildes ab, weitere Eingriffe finden nicht statt. Die Dauer des Bildtransfers hängt in erster Linie von Bildauflösung der Kamera ab.

Geduldsfrage

Bilder können sowohl automatisch unmittelbar nach der Aufnahme als auch manuell von der Kamera zum Smartphone übertragen werden

(Bild: Robert Seetzen)

Fotos in Full-HD-Auflösung landen nach deutlich weniger als einer Sekunde auf dem Smartphone, bei Bildern maximaler Auflösung und geringster Kompression dauerte die Übertragung meist etwa sechs bis acht Sekunden. Während dieser Zeit sind keine weiteren Aufnahmen möglich, was die Freude an AutoShare spürbar schmälert.

Nützlicher wäre AutoShare, falls vor dem Transfer eine optionale, automatische Bildskalierung stattfinden und die Transferzeit entsprechend reduziert werden könnte. Ein beispielsweise auf Full-HD verkleinertes Bild taugt immer noch bestens für typische Online-Anwendungen. Noch flinker wäre eine Speicherung bloßer Thumbnails mitsamt aktueller Geodaten und deren spätere Zuordnung zum beispielsweise daheim übertragenen Vollbild. Wo gezielt einzelne Aufnahmen unmittelbar auf das Handy übertragen werden sollen, ist AutoShare dennoch hilfreich.

Bereits aufgenommene Fotos überträgt Smart Camera nach einer Auswahl auf dem Handy oder an der Kamera, wobei die Selektion auf dem Touchscreen des Smartphones meist komfortabler vonstatten geht. Die übertragenen Bilder speichert Smart Camera in einem Unterverzeichnis des regulären Foto-Ordners "DCIM", was etwa im Zusammenhang mit automatischen Cloud-Uploads von Google Plus, OwnCloud oder ähnlichen Programmen nützlich ist.

Fernbedienung mit Akzent

Wird das Smartphone als Fernauslöser verwendet, kann die Bildspeicherung wahlweise nur auf der Kamera wie auch zusätzlich auf dem Handy erfolgen

(Bild: Robert Seetzen)

Als dritten Betriebsmodus hält Smart Camera schließlich noch eine Remote-Verbindung zur Kamera bereit, bei der das Handy als Sucher und drahtloser Fernauslöser dient. Der Funktionsumfang bleibt allerdings weit hinter den Möglichkeiten von Kamera und Handy zurück. Neben der sehr trägen Zoomsteuerung gibt es lediglich Optionen zum Ein- oder Ausschalten des Blitzgeräts, für einen Selbstauslöser mit 2 oder 10 Sekunden Dauer sowie für zwei verschiedene Auflösungsstufen. Fotos speichert das Programm wahlweise nur auf der Kamera oder zusätzlich auch auf dem Handy.

Ein kleiner, für den Entwicklungsstand der App "Smart Camera" aber symptomatischer Fehler: Im ansonsten deutschsprachigen Programm wurden einige Menüs nicht übersetzt

(Bild: Robert Seetzen)

Dass einige Optionen des Remote-Suchers nur in griechischer Sprache dargestellt werden, spricht ebenso wie seine magere Funktionalität für eine lieblose Programmierung. Ähnliches gilt für die beiden anderen Modi von Smart Camera. Auch die, freundlich formuliert, sehr schlicht gestaltete Bedienerführung des gesamten Programms lässt eher an das Projekt eines Hobbytüftlers als an eine strategisch angelegte Softwareplattform des Weltkonzerns Samsung denken.

Fazit

Der Minimalismus von Smart Camera überrascht und enttäuscht. Bereits mit geringem Mehraufwand hätte Samsung den Nutzen der App erheblich erweitern können, einzig die Funktion zur manuellen Bildübertragung bleibt ohne größere Kritik. Der Soforttransfer leistet nur das absolut Notwendige, wenngleich zuverlässig. In der Praxis dürften viele Nutzer ob der langsamen Übertragung dennoch auf die potentiell interessante Funktion verzichten. Einen ähnlichen Eindruck hinterlässt die Kamera-Fernsteuerung. Auch hier funktioniert das Elementare verlässlich, das Funktionsangebot wie auch wie die spartanische Bedienerführung bleibt aber weit hinter den Erwartungen zurück .

Samsungs Smart-Cam-Konzept vollständig abzuschreiben, wäre dennoch falsch. Trotz des bereits jetzt vorhandenen Praxisnutzen, bleibt die Hoffnung das Samsung zumindest mittelfristig das Potential erkennt und ausschöpft. Motivation gäbe es genug. In dem für den zweiten Teil dieses Artikels durchgeführten Test der beiden Smartcams ST150F und WB30F konnten die preisgünstigen Kompakten die Kamera des vierfach teureren Smartphones Galaxy S4 fast durchweg klar übertrumpfen. (tho)