Scharfe Kritik an der geplanten Einführung neuer Pässe und Ausweise

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen warnt davor, die Kosten für die Biometriepässe auf die Bürger abzuwälzen. Die FDP wettert gegen Regierungspläne, bis 2007 auch den Personalausweis mit biometrischen Daten auszurüsten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 485 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Die Planungen des Bundesinnenministeriums, in den kommenden zwei Jahren Reisepässe mit digitalem Gesichtsbild und Fingerabdruck einzuführen, geraten verstärkt unter Beschuss. Nach der Kritik aus dem Parlament und von Bürgerrechtsorganisationen, erhebt nun auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen Bedenken gegen das Biometrie-Großprojekt. "Das Innenministerium sollte Transparenz und Vertrauen für den Pass und die neue Technologie wecken", erklärte Verbandssprecher Christian Fronczak gegenüber heise online. Statt dass den Verbrauchern der Mehrwert der rein politischen und in Deutschland nicht vom Bundestag diskutierten Entscheidung vor Augen geführt werde, kämen momentan "kleckerweise Hiobsbotschaften" über voraussichtlich enorme Kostensteigerungen.

Das derzeitige Versteckspielen des Innenministeriums fördert laut Fronczak allein die bereits vorhandene Blockadehaltung der Bürger angesichts der Vorstellung, einen Fingerabdruck bei den Behörden abgeben zu müssen. "Vorteile sind dagegen nicht ersichtlich", betonte der Sprecher. In Kreisen der Verbraucherschützer selbst werde diskutiert, ob mit dem unveränderlichen Fingerabdruck eventuell die Gültigkeit der Identifikationsdokumente verlängert werden könnte. Dagegen spricht aber, dass die biometrischen Daten auf einem Funkchip gespeichert werden sollen. Hersteller der entsprechenden RFID-Tags gehen bislang in der Regel aber nur von einer Verwendbarkeit der Mini-Speicher von bis zu zehn Jahren aus. Die Pässe müssten demnach vorerst auch wie bisher spätestens jedes Jahrzehnt zur Verlängerung neu beantragt werden.

Die Kosten für die biometrische Aufrüstung der Pässe sind nach wie vor unklar. Die Schätzungen bewegen sich angesichts der Berechnungen des Büros für Technikfolgenabschätzung des Bundestags auf bis zu 300 Euro. Dieser Preis bewege sich durchaus noch im "internationalen Rahmen", auf den das Innenministerium bisher verweist, sagt Gisela Piltz, Innenpolitikerin aus der FDP-Bundestagsfraktion. Sie führt als Beispiel Italien an, wo der Pass schon jetzt entsprechend teuer sei. Belgien verlangt von seinen Bürgern dagegen 79 Euro pro Ausweispapier und speichert darin bereits biometrische Daten. Silke Stokar, innenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, hatte dagegen jüngst eine Gebühr in Höhe von 130 Euro ins Spiel gebracht. Bislang kostet ein Reisepass 13 Euro für unter 26-Jährige, 26 Euro für alle älteren Bürger.

Das Innenministerium dementierte zwar auf Schärfste, über Kalkulationen für Preise über 130 Euro pro Pass zu verfügen. Stokar verwies gegenüber heise online aber darauf, dass ein Vertreter aus dem Hause Otto Schilys diese Summe im vergangenen Jahr im Innenausschuss des Parlaments genannt habe. Unabhängig von der tatsächlichen Gebühr spricht sich Fronczak entschieden gegen den Plan des Innenministeriums aus, die Kosten für den neuen Pass komplett "auf die Verbraucher abzuwälzen". Auf größte Verwunderung stößt bei Piltz derweil die Ansage des Innenministeriums, bis 2007 neben dem Reisepass sogar den Personalausweis mit biometrischen Daten und Bürgerkartenfunktion ausrüsten zu wollen. Dies sei "nicht nachvollziehbar", so die FDP-Innenpolitikerin in einem Interview: Es gebe keine EU-Norm, die dies verlange.

Stokar drängt nun auf eine breite Debatte der neuen Technik für die Ausweisdokumente. "Der Chip muss so verarbeitet sein, dass die biometrischen Daten nicht von außen auslesbar ist", fordert sie. Dabei müsse die Bundesregierung über die "Low Level"-Anforderungen der Internationalen Zivilen Luftfahrtsorganisation ICAO hinausgehen. Das Innenministerium hält die bei der ICAO durchgesetzte "verschärfte technische Zugangskontrolle für die Chips" dagegen für ausreichend. Stokar beklagte zudem, dass das Parlament bei der weiteren inhaltlichen Gestaltung der Anforderungen an die Pässe "draußen ist". Noch fehle eine rechtliche Grundlage zur Umsetzung der umstrittenen EU-Verordnung für die neuen Hightech-Pässe hierzulande. Schily habe zwar die Vorlage eines Entwurfs für eine Novelle des Passgesetzes angekündigt, dabei aber offen gelassen, ob dies noch vor der Sommerpause geschehen solle. (Stefan Krempl) / (pmz)