Schilys neuer Pakt mit Microsoft

Das Bundesinnenministerium hat für die öffentliche Verwaltung neue Lizenzrahmenverträge abgeschlossen und einen weiteren umfassenden Kooperationsvertrag angekündigt.

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Jürgen Gallmann, der erst wenige Monate in Amt und Würden weilende Chef von Microsoft Deutschland, darf seinen ersten großen Erfolg feiern: Er konnte nach langen persönlichen Gesprächen mit Regierungsvertretern am heutigen Donnerstag in Berlin neue Rahmenlizenzverträge mit Bundesinnenminister Otto Schily abschließen. Sie sollen der gesamten öffentlichen Verwaltung künftig die Beschaffung von Microsoft-Produkten zu Sonderkonditionen ermöglichen. "Durch diese Vereinbarungen sparen Bund, Ländern und Gemeinden viel Geld", hofft der SPD-Politiker. Über die genauen Abschlagsvolumen haben die beiden Vertragspartner Stillschweigen vereinbart. Microsoft macht nach Analystenschätzungen rund ein Prozent seines Umsatzes in Deutschland mit der öffentlichen Verwaltung.

Die neuen Übereinkommen ergänzen einen bereits bestehenden, noch bis 2004 laufenden Vertrag um die von Microsoft seit August vergangenen Jahres eingeführten und von Schily zunächst scharf kritisierten Lizenzbedingungen. Die öffentliche Hand kann nun trotz ihrer ursprünglichen Bedenken ähnlich wie Großkonzerne ein so genanntes "Enterprise Agreement" mit dem Softwaregiganten eingehen oder dessen Produkte auch mieten. Es handle sich aber um keinen konkreten Beschaffungsvertrag, war aus einer IT-Abteilung des Innenministerium zu vernehmen. Es gehe allein um die Möglichkeit, Microsoft-Software weiterhin verbilligt zu beziehen.

Zu den immer wieder betonten Zielen von Schilys IT-Politik gehöre jedoch, "Abhängigkeiten gegenüber einzelnen Softwareanbietern zu verringern". Aus diesem Grund hatte Schily vor einem knappen Jahr auch einen Rahmenvertrag mit dem Microsoft-Konkurrenten IBM abgeschlossen, um verbilligte Hard- und Software und Support rund um das frei verfügbare Betriebssystem Linux beziehen zu können. Den Erhalt von Vielfalt in der Softwarelandschaft sieht der Innenminister nun trotz der neuen Bindung an Microsoft gesichert: "Die Verträge sehen eine hohe Flexibilität bei der Ausstattung der Behörden mit Microsoft-Produkten vor und unterstützen damit auch die Koexistenz mit anderen Softwareprodukten", erklärte er. Die Strategie seines Hauses verbinde "die Welt der großen kommerziellen Hersteller mit der Welt der Open-Source-Produkte."

In einem "Memorandum of Understanding" haben Gallmann und Schily ferner einen weiteren, umfassenden Kooperationsvertrag vorbereitet. In der Absichtserklärung wird vor allem eine künftige Zusammenarbeit in der Frage der IT-Sicherheit angedacht. Microsoft will sich dabei mehr um Offenheit und Interoperabilität bemühen -- nicht zuletzt, um der Bundesverwaltung auch die bislang skeptisch beobachtete künftige Windows-Komponente Palladium schmackhaft zu machen. Auch für sein "Shared-Source"-Programm möchte Gallmann den Partner im Innenministerium als Alternative zu Open Source erwärmen.

Gelassen sieht man den neuen Vorstoß bislang im Lager der Befürworter freier Software. "Wenn Linux nicht wirklich eine Alternative wäre, würde sich Microsoft wohl kaum zu solchen Schritten genötigt sehen", freut sich Andreas Gebhard, Mitbegründer der Initiative Bundestux. Entgegen dem Branchentrend wachse der Markt für Open Source. "Ich kann nur an die Entscheider in den Behörden appellieren, verstärkt auf freie Software zu setzen", erklärte der Sprecher des Linuxtags. (Stefan Krempl) / (jk)