Schleichwerbung bei Internet-Buchhändler

Für einige der Besprechungen und Empfehlungen, die der amerikanische Internet-Buchhändler Amazon auf seiner Web-Seite zeigt, haben die Verlage bezahlt.

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Von
  • Jürgen Kuri

Für einige der Besprechungen und Empfehlungen, die der amerikanische Internet-Buchhändler Amazon auf seiner Web-Seite zeigt, haben die Verlage bezahlt. Ähnlich der in amerikanischen Buchhandelsketten üblichen Praxis, für die herausgehobene Plazierung bestimmter Bücher im Laden Geld zu verlangen, ließ sich Amazon die Hervorhebung eines bestimmten Buches teilweise kräftig honorieren. Beträge bis zu 10.000 US-Dollar sind laut der New York Times fällig, um ein Buch auf der Bestseller-Seite zu präsentieren und beispielsweise eine EMail an Käufer früherer Bücher desselben Autors zu schicken. In diesem Preis inbegriffen sind auch EMails an Kunden mit einem sogenannten "Not-Yet-Published-Alert" und einem Countdown bis zum Erscheinungstag auf der Home-Page von Amazon. Für 5.000 US-Dollar gibt's laut der New York Times unter anderem die Berücksichtigung in der Rubrik "Destined for Greatness" (etwa: "Auf dem Weg zu großer Bedeutung") und eine Hervorhebung in der zugehörigen Themen-Kategorie, etwa mit dem Logo "What we're reading".

In ersten Reaktionen meinten Sprecher von Amazon noch, diese Praxis stelle kein Problem dar. Da jedes Buch zuerst von der eigenen Redaktion beurteilt werde, mache es keinen Unterschied, ob man sich die Herausstellung eines bestimmten Buches vom Verlag bezahlen lasse. Jeff Bezos, Gründer und Chef von Amazon, erklärte, ein Buch werde nur dann empfohlen, wenn es den Standards von Amazon entspreche: "Kein Geld der Welt kann uns dazu bringen, ein Buch zu empfehlen". Nach einiger Aufregung in der US-Presse und unter Amazon-Kunden sah sich der Online-Buchvertrieb allerdings veranlaßt, die Unternehmenspolitik zu ändern. Ab 1. März will er alles kennzeichnen, für das Verlage bezahlt haben. Außerdem kann jeder Kunde ab sofort ein bei amazon.com bestelltes Buch zurückgeben, das von Amazon empfohlen wurde. Er soll den vollen Kaufpreis ersetzt bekommen, egal, in welchem Zustand sich das Buch befindet.

Der deutsche Ableger von Amazon, Amazon.de, gab auf Nachfrage an, keine Empfehlungen gegen Bezahlung veröffentlicht zu haben. "Die Thematik betrifft uns nicht", meinte Martina Frühwald von amazon.de gegenüber der c't. Der Online-Service von Barnes & Noble, Marktführer bei den Buchhandelsketten in den USA, kündigte inzwischen an, daß er den Verlagen ähnliche Angebote wie Amazon machen will, diese dann aber entsprechend kennzeichnen werde. An barnesandnoble.com ist Bertelsmann mit 50 Prozent beteiligt. Christof Ehrhart von Bertelsmanns deutschem Internet-Buchhandel BOL erklärte gegenüber c't, der einzige Weg, auf BOL herausgestellt zu werden, sei es, der Redaktion aufzufallen. Das potentielle Leserinteresse sei entscheidend; eine Hervorhebung gegen Bezahlung gebe es nicht.

Die Bezahlung der Buchhandlungen für die herausgehobene Positionierung bestimmter Bücher in amerikanischen Buchhandlungen stößt schon lange auf die Kritik vor allem kleinerer Verlage, die sich solche Ausgaben nicht leisten können. Sie sehen Werke weniger bekannter Autoren gegenüber den mit Blick auf die Bestseller-Listen geschriebenen Büchern benachteiligt. Die Hoffnung, bei den Internet-Buchhändlern bessere Karten zu haben, erweise sich nun als Illusion, kommentierten einige kleinere Verlage. Auch die Kennzeichnung der bezahlten Besprechungen verhindere nicht, daß auch auf den Web-Seiten vor allem die Bücher zahlungskräftiger Anbieter herausgehoben werden. Für Internet-Nutzer stellt sich immer mehr die Frage, wie sie die Schleichwerbung von redaktionellen Inhalten unterscheiden sollen. (jk)