Schlussverkauf bei AnywhereCD

Der im April gestartete Online-Shop, der CD-Verkauf der Plattenfirmen neues Leben einhauchen sollte, scheitert an der mangelnden Unterstützung der Labels.

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Ein Audio-CD-Album per Post und alle Tracks als MP3-Dateien sofort zum Download für insgesamt nur 7 US-Dollar (umgerechnet 4,96 Euro) – dieses Angebot von AnywhereCD können US-Einwohner noch bis Ende der Woche annehmen. Dann schließt der Online-Shop seine virtuellen Pforten. Dem im April gestarteten Projekt war kein langes Leben beschieden, nachdem Warner Music seine Unterstützung zurückgezogen hat.

Initiator Michael Robertson, bekannt von einigen seiner anderen Projekte wie MP3.com, MP3tunes.com oder Lindows/Linspire, beschreibt auf seiner Website seine Erfahrungen mit den großen Labels Universal, EMI, Sony und Warner Music. Mit AnywhereCD wollte er dem siechen CD-Absatz neues Leben einhauchen, in dem die Käufer die Musik sofort als MP3-Dateien (192 kBit/s) ohne Digital Rights Management (DRM) downloaden können sollten. Die Labels sollten dafür zwei Dollar mehr als den üblichen Großhandelspreis für CD-Alben erhalten.

Eines der großen Label wollte vorerst abwarten, ein anderes verlangte mehrere Millionen Dollar im Voraus und ein drittes wünschte sich, dass die Kreditkartennummer des Käufers in jede MP3-Datei eingebettet werden sollte. Handelseinig wurde AnywhereCD nur mit Warner Music, konnte damit aber nur einen kleinen Teil des Musikmarkts abdecken. Zu allem Überdruss schickte Warner Music noch am Eröffnungstag von AnywhereCD eine Unterlassungsaufforderung: Der Shop solle fortan keine Musik von Warner-Künstlern mehr vertreiben. Der Grund für diese Reaktion ist bis heute unklar.

AnywhereCD reagierte mit einer Klage. "Nach dem Abschluss eines Vertrags mit Warner Music über die Zur-Verfügung-Stellung von Content für die AnywhereCD-Website hat Warner böswillig behauptet, AnywhereCD habe den Vertrag gebrochen, und hat falsche und schädigende Stellungnahmen gegenüber der Presse abgegeben, die darauf abzielen, das Geschäft von AnywhereCD zu schädigen und zu zerstören", hieß es damals in der Klageschrift. Statt einer Klärung vor Gericht über den tatsächlichen Inhalt des zwischen den Streitparteien geschlossenen Vertrages kam es zu einer außergerichtlichen Einigung. Demnach darf AnywhereCD nur noch bis 30. September Musik von Warner Music vertreiben.

Damit hätte der Online-Shop kaum noch Ware feilbieten können, der Betrieb wird eingestellt. Denn schon das bisherige Fehlen der Musik der anderen großen Labels könnte zur Enttäuschung bei kaufwilligen Endkunden geführt haben und so die offenbar geringe Nachfrage erklären, vermutet Robertson. Andere Gründe für das Scheitern könnten aus seiner Sicht der eventuell zu hohe Preis, zu geringes Medien-Echo oder der Umstand sein, dass CDs einfach nicht mehr nachgefragt würden. Robertson glaubt, dass die Labels durch ihre Verweigerungshaltung sich und ihm ein gutes Geschäft entgehen lassen. Der enttäuschte Unternehmer will sich zukünftig nicht mehr im digitalen Musikgeschäft betätigen. (Daniel AJ Sokolov) / (anw)