Schmid unter Beschuss -- Mobilcom tief in den roten Zahlen

Rund 205 Millionen Euro Minus machte das Büdelsdorfer Unternehmen im vergangenen Geschäftsjahr.

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Von
  • Torge Löding

"Nun fang doch endlich an, bevor der Kurs noch mehr fällt" -- viele Kleinaktionäre waren vor Beginn der Hauptversammlung der Mobilcom in Hamburg sauer darüber, dass Vorstand und Aufsichtsrat weitaus mehr Zeit als eine akademische Viertelstunde verstreichen ließen, bevor sie die Versammlung eröffneten. Der Zwischenruf des Aktionärs war dann aber auch das Stimmungshighlight bei der insgesamt lahmen Veranstaltung. Scheinbar lustlos ratterte der Vorstandsvorsitzende Gerhard Schmid die Ergebnisse des Geschäftsjahres 2001 herunter.

Lustlos vielleicht auch deshalb, weil es keine guten Zahlen waren, die Schmid präsentierte. Der Verlust vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (EBITDA) hat sich im Vergleich zum Geschäftsjahr 2000 nahezu versechsfacht, nämlich von 11,3 Millionen in 2000 auf 65,5 Millionen Euro. Tiefrot wie der Teppich auf der Hauptversammlung dann auch das Minus beim Jahresendergebnis: Mobilcom gab im Jahr 2001 rund 205,5 Millionen Euro mehr aus als eingenommen wurde. Der Umsatz stieg von 2,3 Milliarden Euro im Jahr 2000 auf 2,59 Milliarden im vergangenen Jahr.

Deutlich steigern konnte das Unternehmen die Anzahl der Mobilfunkkunden. Am 31. 12. 2001 zählten die Büdelsdorfer 1,6 Millionen Prepaid-Kunden und 3,36 Millionen Vertragskunden. Nach Unternehmensangaben ist das ein Marktanteil bei GSM-Vertragskunden von 13,7 Prozent. Doch nicht einmal der Ausblick auf die nächsten Geschäftsjahre -- der Tagesordnungspunkt, bei dem der Visionär Schmid sonst stets punkten konnte -- brachte den Mobilcom-Gründer dieses Jahr so richtig in Fahrt. Er spulte die Erfolge bei MMS und anderen neuen Diensten herunter und erzählte saft- und kraftlos von der Herausforderung beim Wandel vom Service- zum Netzbetreiber.

Im Sinne der Konsolidierung werde Mobilcom seine Randaktivitäten zurückschrauben. Dem fallen dann Konzerntöchter wie die Mobilcom Systems zum Opfer -- und vermutlich auch der weitere Ausbau des WLAN-Netzes. Für die Bereitstellung von DSL-Internetzugängen werde Mobilcom über seine Tochter Freenet mit der Deutschen Telekom kooperieren. Für die neuen Mobilfunkdienste kündigte Schmid die Nutzung des Markennamens Orange an -- das ist die Mobilfunktochter der France Telecom, die einen großen Teil an der Mobilcom hält und die Kontrolle übernehmen will.

An seinen Visionen für den Mobilfunk-Standard UMTS hat Schmid unverändert fest. Der gesamte Markt werde neu verteilt; MobilCom habe durch die neue Technik enorme Wachstumschancen. Erstmals berichtete der MobilCom-Chef auch von der angeblich aussichtsreichen Bewerbung um einen Großauftrag der Bundeswehr, der allein rund zwei Milliarden Euro Umsatz für MobilCom bringen könnte. Die mögliche Insolvenz seines Unternehmens ist für Schmid "nur eine theoretische Möglichkeit". Er habe keinen Anlass, sich damit intensiv zu beschäftigen, bestätigte allerdings, dass MobilCom fällige Großkredite über 4,7 Milliarden Euro nur ablösen kann, wenn France Telecom dafür einsteht. Andernfalls müsse MobilCom in die Insolvenz.

Schmids Verhalten wurde von zahlreichen Aktionären auf ihre Weise interpretiert. "Der hat sich doch schon längst mental verabschiedet." "Ist er überhaupt noch Vorstand?" "Hat er heute schon seine Mobilcom-Aktien verkauft?" -- so einige Gesprächsfetzen, die Besucher im Hamburger CCH aufschnappen konnten. Gehört haben muss das auch Gerhard Schmid -- bei seinem Schlusswort wies er nämlich solche Spekulationen zurück: "ich bleibe so lange Vorstand, bis die Verhandlungen mit France Telecom abgeschlossen sind." Einen öffentlich ausgefochtenen Streit mit dem Partner hatte Schmid mit seinem Angebot beendet, seine Aktien für 22 Euro Cash pro Stück an die Franzosen zu verkaufen.

Angeschlagen ist Schmid aber auf jeden Fall. Der Mobilcom-Aufsichtsrat hatte vor der Hauptversammlung festgestellt, dass der Vorstandsvorsitzende gegen das Aktiengesetz verstoßen hat. Während sich der Vertreter der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK) Rudolf Hildebrandt mit den Ausführungen des Mobilcom-Vorstands zufrieden gab, ging Dirk Unrau von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) hart mit den Managern ins Gericht. Er forderte eine weitere Klärung des Geschäfts mit Millenium und lehnte eine Entlastung des Vorstandes ab. Viel mehr in Bedrängnis bringen kann den Vorstand die Ankündigung von Aktionären einer Tochterfirma von Orange, zumindest Schmid als Vorstandsvorsitzenden nicht entlasten zu wollen. Deren Sprecher, Rechtsanwalt Thoma, vertritt die Aktionäre einer Tochterfirma von Orange und damit 28 Prozent der Mobilcom-Aktionäre. Die Abstimmung wird zur Stunde vorbereitet. (tol/c't) / (anw)