Schnelles WLAN: Weiter Kontroverse um Kanalbreite

Die IEEE-Arbeitsgruppe TGn streitet weiter um 40-MHz-Funkkanäle, Direct Link feiert als 802.11z Wiederauferstehung und TGy will in den USA Wimax Konkurrenz machen.

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Von
  • Peter Jensen

Der gegenwärtige Entwurf (Draft-N) für schnelles WLAN, der in Teilen bereits von der Wi-Fi Alliance zertifiziert wird, sieht Datenraten bis 600 MBit/s vor. Dafür braucht man aber nicht nur vier Antennen auf Empfangs- und Sendeseite, sondern muss auch die Funkkanalbreite von derzeit 20 auf 40 MHz verdoppeln. Genau diese Verdoppelung ist heftig umstritten.

Während sich die Großkopferten des Enterprise-Marktes als Gralshüter der Kompatibilität verstehen und alles verteufeln, was Einfluss auf die Leistungsfähigkeit der installierten Basis ihrer Systeme hätte, sehen sich andere Firmen progressiver. Sie gehen ganz in Erwartung der in der Wi-Fi Alliance diskutierten Marktanalysen davon aus, dass bereits ab dem kommenden Jahr mehr 802.11n-Geräte als etablierte 802.11a/11b/11g-Geräte verkauft werden. So soll sich das Kompatibilitätsproblem schon bald in Wohlgefallen auflösen. Zwar ist der Standard wichtig für die technischen Details, aber die Marktmacht der Wi-Fi Alliance wird vermutlich zu einem Kompromiss führen, der Wi-Fi-zertifizierten Geräten die Nutzung von 40-MHz-Kanälen nur im 5-GHz-Band erlaubt. Das bedeutet aber beileibe kein Verbot des Breitspurfunks im etablierten 2,4-GHz-Band, denn die Bundesnetzagentur macht bei WLAN auf 2,4 GHz keine Vorgaben für die Kanalbreite.

Auf der Juli-Tagung einigte sich die Arbeitsgruppe TGn nun auf die Entwurfsversion 2.05. Nach Version 2.0 arbeitete sie zwar 740 Kommentare ab, muss aber noch rund 460 auflösen. Diese hofft man nach dem nächsten Treffen im September abgearbeitet zu haben und will dann die Entwurfsfassung 3.0 zur Briefabstimmung stellen. Nach dem Zeitplan im Abschlussbericht darf man Ende 2008 mit der Veröffentlichung des endgültigen Standards 802.11n rechnen.

Auch die Direct Link Setup Study Group (DLS SG) ist auf gutem Wege, sie wurde zur Task Group z geadelt. Der von ihr angestrebte Standard 802.11z macht Verbindungen zwischen WLAN-Clients auch ohne Umweg über die Basisstation möglich. Bislang gab es Direct Link nur mit APs, die der Norm 802.11e entsprechen. Solche sind aber Mangelware. Und so senden bis heute alle Geräte immer über die WLAN-Basisstation im DSL-Router im Flur, selbst wenn der HDTV-Player im Wohnzimmer direkt neben dem Fernseher steht und deshalb höhere Datenraten nutzen könnte.

TGy erweitert das Einsatzgebiet für 802.11-basierte WLAN-Technik: Schon bald sollen in den USA 50 MHz bei 3,65 GHz zur Verfügung stehen. Da in diesem Frequenzbereich hohe Sendeleistungen erlaubt sind, können lizenzierte Betreiber große Gebiete kostengünstig mit Datenverbindungen bedienen. Dieser Vorteil sorgt im Wimax-Lager bereits für Unruhe.

Die Arbeit der Very High Throughput Study Group (VHT SG) befindet sich noch in einem frühen Stadium. Der Gruppe liegen immerhin schon Vorschläge für den Entwurf eines Gigabit-WLAN vor. Der eine oder andere Teilnehmer geht sogar so weit, Systeme für 1 Terabit/s vorzuschlagen. Der Vorschlag sieht Funkwellen im Terahertzbereich vor. Mit solchen quasi-optischen Systemen ist allerdings keine Wand mehr zu durchdringen. Umstritten ist, wie viel Kompatibilität geopfert werden muss: Zwischen den Extremen der vorsichtigen Evolution unter Weiterverwendung des bislang genutzten Funkspektrums und Kanalrasters bis hin zu einem komplett neuen Entwurf, der nur noch über ein zwingend zusätzlich vorhandenes 802.11n-Funkmodul abwärtskompatibel ist, gibt es viel Raum für Kompromisse und Kontroversen.

Als direkter Nutznießer der VHT SG sieht sich das IMT-Advanced Ad Hoc Committee (IMT AHC). Gemeinsam mit anderen 802 Working Groups (WGs) wie der für Wimax (802.16) arbeitet die IMT AHC an einem Systementwurf für die International Telecommunication Union (ITU). Dort arbeitet die Working Party 8F (WP8F), die wiederum der Study Group (SG) 8 des Radiocommunication Sector (ITU-R) angehört, an Mobilfunksystemen für IMT-2000 und kommende Generationen. Während IMT-2000 eine Empfehlung für den Mobilfunk der dritten Generation (3G) darstellt, sind die Ziele im IMT-Advanced höher gesteckt und sehen neben der 1-Gigabit/s-Datenrate im stationären Betrieb auch mindestens 100 MBit/s für mobile Teilnehmer vor. 802.11 sieht sich als weltweit einzig erfolgreicher Standard mit hohen Bitraten gut aufgestellt und arbeitet am formalen Entwurf eines Vorschlages an die ITU. Dort punkten zu können bedeutet nämlich auch, im Gerangel um eine weltweit einheitliche Spektrumszuteilung gut aufgestellt zu sein.

Wer sich für Abstimmungsergebnisse, technische Vorschläge und Tagungsmitschriften der Arbeitsgruppen interessiert, kann jetzt den neuen Dokument-Server Mentor ansteuern. Seit Anfang des Jahres sind dort schon 2000 Dateien rund um die WLAN-Standardfamilie 802.11 aufgelaufen. Anders als die Entwürfe neuer Standards sind diese für jedermann frei abrufbar. (Peter Jensen) (ea)