Scholz will Verteidigungsausgaben stark steigern und setzt auf Flüssiggas

Der Angriff Russlands auf die Ukraine ist eine Zeitenwende, sagt Bundeskanzler Scholz. Finanzminister Lindner nennt Erneuerbare "Freiheitsenergie".

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Bundeskanzler Olaf Scholz am Sonntag im Bundestag.

(Bild: Deutscher Bundestag)

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Als Reaktion auf den Angriff Russlands auf die Ukraine will Deutschland seine Verteidigungsausgaben massiv erhöhen und die Abhängigkeit von russischem Erdgas verringern. In seiner Regierungserklärung am heutigen Sonntag kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz den Bau von zwei Terminals für Flüssigerdgas (LNG) an. Als Standorte nannte er Brunsbüttel und Wilhelmshaven. Auch müsse der Ausbau der Erneuerbaren Energien beschleunigt werden.

Außerdem kündigte Scholz ein "Sondervermögen" für Verteidigungsausgaben von 100 Milliarden Euro an. "Die Mittel werden wir für notwendige Investitionen und Rüstungsvorhaben nutzen", sagte der SPD-Politiker in der Sondersitzung des Parlaments zum Ukraine-Krieg. "Wir werden von nun an Jahr für Jahr mehr als 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in unsere Verteidigung investieren." Zuletzt betrug der Anteil 1,4 Prozent. Das Sondervermögen solle im Grundgesetz verankert werden.

Ein höherer Anteil an LNG würde die Bezugsquellen für Erdgas auf eine breitere Basis stellen, Flüssiggas könnte beispielsweise aus den USA oder Katar bezogen werden. LNG-Terminals seien ein zusätzlicher Bypass, sagte vor Kurzem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck dem Handelsblatt. Sie würden helfen, die Versorgungssicherheit zu erhöhen. Scholz betonte am heutigen Sonntag, die Infrastruktur könne auch für grünen Wasserstoff genutzt werden.

Zu den Verteidigungsausgaben sagte Scholz, "wir werden deutlich mehr investieren müssen in die Sicherheit unseres Landes. Um auf diese Weise unsere Freiheit und unsere Demokratie zu schützen". Dies sei eine "große nationale Kraftanstrengung". Scholz bekam dafür fraktionsübergreifend Applaus.

Scholz verurteilte den russischen Angriff auf die Ukraine scharf und nannte ihn eine weitgehende Zäsur. "Wir erleben eine Zeitenwende", sagte er. "Das bedeutet: Die Welt danach ist nicht mehr dieselbe wie die Welt davor." Im Kern gehe es um die Frage, ob Macht das Recht brechen dürfe und ob es Putin gestattet werden könne, die Uhren in die Zeit der Großmächte des 19. Jahrhunderts zurückzudrehen. "Oder ob wir die Kraft aufbringen, Kriegstreibern wie Putin Grenzen zu setzen", betonte Scholz.

CDU-Fraktionsvorsitzender Friedrich Merz nannte Scholz Ansprache eine "gute Regierungserklärung", warnte aber davor, die Entwicklungen bis hin zum Krieg Putins gegen die Ukraine parteipolitisch auszuschlachten, viele Seiten hätten versagt. Eine Grundgesetzänderung sei nicht einfach mit einer Erklärung am Sonntagmittag zu haben, meinte Merz. Außenministerin Annalena Baerbock erläuterte, der Ausschluss russischer Banken von Swift sei so angelegt, dass es das "System Putin" treffe.

"Die Bedeutung der Energiesicherheit erfährt eine neue Priorität", sagte Finanzminister Christian Lindner. Die kommende Politik werde an die veränderte Lage angepasst, erneuerbare Energien leisteten nämlich nicht nur einen Beitrag zur Versorgung, sie lösten auch von Abhängigkeit. "Erneuerbare Energien sind Freiheitsenergie", sagte Lindner. Eine 15 Jahre dauernde Vernachlässigung der Bundeswehr lasse sich nicht von heute auf morgen korrigieren. Das Sondervermögen solle im Grundgesetz verankert werden, um so zu garantieren, dass das Geld nur für diesen Zweck verwendet werde.

Update 27.2.22, 13.06:Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte, er achte den Pazifismus, aber wer der "Vergewaltigung der Ukraine" tatenlos zuschaue, mache sich schuldig. Er sprach auch die hohe Abhängigkeit Deutschlands von russischen Energie-Exporten an. Der Ausstieg aus den fossilen Energien, der Ausbau der Erneuerbaren Energien sowie der Aufbau der Wasserstoff-Infrastruktur müsse deutlich beschleunigt werden, dafür werde die Regierung Pläne vorlegen.

(anw)