Vollendete Tatsachen ohne Gesetzesgrundlage: Beschwerde gegen "Justitia.Swiss"

Die Schweiz will ihr Justizwesen digitalisieren, aber noch wird an dem Gesetz dazu gearbeitet. Trotzdem soll die Software dazu bereits entwickelt werden.

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(Bild: TinoFotografie/Shutterstock.com)

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Die gemeinnützige Digitale Gesellschaft der Schweiz hat gemeinsam mit einem ungenannten IT-Unternehmen vor Gericht eine Beschwerde gegen Pläne eingerichtet, ein ambitioniertes IT-Großprojekt der Justiz ohne gesetzliche Grundlage voranzutreiben. Das teilte die Organisation am Dienstag mit. In dem Verfahren geht es um die geplante Plattform "Justitia.Swiss", über die der gesamte Rechtsverkehr in dem Land künftig elektronisch ablaufen soll. Verhindert oder zumindest aufgeschoben werden soll nun eine Ausschreibung für die Plattform, zumindest bis die nötigen Gesetze gelten.

"Justitia.Swiss" wird seit Jahren vorangetrieben und hat der Neuen Zürcher Zeitung zufolge alle wichtigen Teile des Justizsystems auf seiner Seite. Ziel sind nicht nur papierlose Gerichte, sondern eine ganz neue Arbeitskultur zitiert die Zeitung. Vorgesehen ist demnach eine elektronische Aktenführung und eine spezielle elektronische Akte, die von verschiedenen Akteuren und Akteurinnen gleichzeitig bearbeitet werden kann. Zwar gebe es in der Schweiz bereits teilweise einen elektronischen Rechtsverkehr, aber bislang werde der nur sehr begrenzt genutzt. Künftig soll der Zugang zum Recht auf Papier aber nur noch Bürgern und Bürgerinnen offenstehen, alle anderen müssen dann digital kommunizieren.

Die Digitale Gesellschaft hat bereits im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens kritisiert, dass die Ziele trotzdem zu unklar seien und die Umsetzung nicht angemessen. So sei zum Beispiel weder eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung noch eine Open-Source-Lizenz für diese kritische Infrastruktur vorgesehen. Obwohl die nötigen Gesetze nun aber erst erarbeitet würden und frühestens 2025 in Kraft treten sollen, sei bereits die Entwicklung einer Plattform "Justitia 4.0" ausgeschrieben worden. Schon in zwei Jahren sollen darin demnach 200.000 Akten gespeichert werden, ganz ohne gesetzliche Grundlage. Dieses "dreiste Vorgehen" unterminiere den Gesetzgebungsprozess und beschneide demokratische Rechte, kritisiert die Organisation. Über die Beschwerde muss nun das Bundesverwaltungsgericht entscheiden.

(mho)