Schweizer Behörde warnt vor Cyberattacken auf Ukraine-Konferenz und TV

Im Vorfeld der Ukraine-Konferenz warnt das schweizerische Bundesamt für Cybersicherheit einheimische Unternehmen vor "russischen Störaktionen im Cyberraum".

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Ein Regieraum der SRG in Bern.

(Bild: SRG)

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Von
  • Tom Sperlich

Alle Schweizer Unternehmen wurden vom neuen Bundesamt für Cybersicherheit (BACS) aufgefordert, sich schon jetzt gegen "russische Störaktionen im Cyberraum" zu wappnen, meldete am Freitag das SRF, der deutschsprachige Radio- und Fernsehsender der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG).Das BACS erwartet laut verschiedenen Medienberichten, neben dem des SRF auch etwa in der "NZZ am Sonntag", dass es anlässlich der Ukraine-Friedenskonferenz zu einer Zunahme von Cyberangriffen und Spionage – nicht nur in der Schweiz – kommen dürfte. Prompt wurde gestern auch ein schwerwiegender Angriff auf das Netzwerk der deutschen Partei CDU bekannt.

Am kommenden 15. und 16. Juni findet auf dem Berg Bürgenstock im Kanton Nidwalden die erste große Friedenskonferenz für die Ukraine statt. Dazu hat die Schweizer Regierung zahlreiche Staats- und Regierungsoberhäupter eingeladen. Es werden Delegationen aus rund 80 Ländern erwartet. Russland selbst wurde nicht offiziell eingeladen; China hat soeben seine zunächst offen gelassene Teilnahme stark in Zweifel gezogen.Das Bundesamt für Cybersicherheit prognostiziert auf Anfrage, dass Teilnehmende der Konferenz einem "erhöhten Risiko für Cyberspionage ausgesetzt sein werden", schreibt die NZZ am Sonntag. Auch sogenannte "Überlastungsangriffe" seien zu erwarten, zitiert die NZZ. Gemeint seien damit technische Störmanöver auf die IT-Infrastruktur von "Institutionen, die mit der Konferenz verbunden" sind.

Sprich, das BACS rechnet wieder mit DDoS-Angriffen, wie es schon zeitgleich vor einem Jahr passierte, als die pro-russische Gruppierung "NoName057(16)" die Bundesverwaltung sieben Tage lang mit insgesamt 57 erfolgreichen DDoS-Angriffe bombardierte. Grund: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach in einer Videoschaltung zum Schweizer Parlament. Die Schweiz habe das jedoch "ohne nachhaltige Schäden" überstanden, schrieb das Bundesamt für Cybersicherheit in einer späteren Analyse im Herbst 2023. Für die diesjährige Ukraine-Friedenskonferenz befürchtet das BACS auch "die Verunstaltung von Websites, die in Zusammenhang mit der Konferenz stehen", sogenanntes Defacement.

Auch die SRG rechnet mit russischen Störaktionen, berichtete das Medienhaus am Freitag. Die SRG ist an der Ukraine-Konferenz sogenannter "Host-Broadcaster". SRG zeichnet alle offiziellen Reden und Medienkonferenzen des internationalen Treffens auf und stellt das Material den Medien weltweit zur Verfügung. Eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, mögliche Erfolge der hochrangigen Veranstaltung zu vermitteln, betont die SRG.Am wahrscheinlichsten seien DDoS-Attacken, so die Prognose der SRG. Damit könnten nicht nur die SRG Online-Angebote ihrer verschiedensprachigen Medienkanäle SRF, RSI, RTS oder RTR "kurzfristig lahmgelegt werden, sondern auch relevante Produktionssysteme".

Der Leiter der Informationssicherheit der SRG, Michel Gachet, rechnet mit solchen Aktionen aus Russland. Durch Angriffe auf das IT-System der SRG "könnten Hacker versuchen, die Übertragung der Konferenz zu stören oder zu stoppen", sagt Gachet. "Das Worst-Case-Szenario wäre, wenn unsere Livesendungen gestoppt werden", so Gachet. Damit meint er einen Zusammenbruch des gesamten Fernseh- und Radioprogramms oder gar eine Verbreitung von Falschinformationen via der SRG-Kanäle.

Wie das SRF berichtet, sei dabei "das Tempo entscheidend. Könne nicht garantiert werden, dass die Übertragung einwandfrei sei, werde sie gestoppt." Besser gar keine Informationen der Konferenz übermitteln, als falsche Informationen weitergeben, lautet die Devise des Medienhauses. Aus diesen Gründen habe die SRG zusätzliche Schutzmaßnahmen getroffen.

Damit auch sonst alles sicher abläuft, hat die Schweizer Regierung, der Bundesrat, wegen der Konferenz eine Sperrung des Luftraumes in einem Gebiet rund um den Bürgenstock am Vierwaldstättersee für den Zeitraum vom 13. bis 17. Juni beschlossen. Die Luftwaffe stellt einen Luftpolizeidienst und eine verstärkte Luftraumüberwachung sicher. Auf dem Boden sollen 4000 Soldaten die Bürgenstock-Konferenz sichern.

Das Bundesamt für Cybersicherheit stellt den an der Organisation der Konferenz beteiligten Stellen von Bund und Kantonen eine gemeinsame Kommunikationsplattform zur Verfügung, teilt es mit. Während der Konferenz will das BACS diese Plattform nutzen, um über die Lageentwicklung hinsichtlich der Cyberbedrohungen zu informieren. Für technische Analysen wird zudem eine Notfallzentrale eingerichtet.

(nie)