Schweizer Unternehmen bringen Glasfaser ins Haus

Der Telecom-Anbieter Sunrise will zusammen mit den Stromversorgern lokale Glasfasernetze mit direkten Hausanschlüssen aufbauen. Auch die Swisscom investiert in Glasfaser.

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Von
  • Tom Sperlich

Sieben städtische Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU) der Schweiz wollen ein gemeinsames Glasfasernetz mit Direktanschlüssen beim Endkunden aufbauen und gehen dafür eine strategische Partnerschaft mit der Sunrise Communications AG ein. Sunrise kooperiert mit dem erst kürzlich gegründeten Verband der Elektrizitätswerke zur Förderung von offenen Breitbandnetzen (openaxs), teilte das Unternehmen am gestrigen Montag mit. Die Tochter der dänischen TDC ist der zweitgrößte Telekommunikationsanbieter der Schweiz.

openaxs will Service-Anbietern und Direktkunden im Einzugsgebiet der Versorger Breitbandnetze auf Glasfaserleitungen zur Verfügung stellen. "Beim Ausbau und der Erneuerung der Strom-Infrastrukturen lassen sich große Synergien zwischen Telekommunikation und dem Leitungsbau nutzen", teilt der Verband mit. Auf den Glasfasernetze sollen nach dem Willen der Stromversorger konkurrierende Unternehmen Dienste wie Highspeed-Internet, HDTV und Festnetztelefonie anbieten können. Möglich seien aber auch Sicherheitsüberwachungen, automatisierte Stromzählerablesungen und andere neue Dienstleistungen. Die städtischen Netze würden nach den Standards von openaxs gebaut und untereinander verbunden. In den nächsten fünf bis sieben Jahren will openaxs weite Teile der Gebiete ihrer Mitglieder erschließen.

Nach eigenen Angaben hat der Verband derzeit Zugang zu rund einer halben Million Privathaushalten und 25.000 Unternehmen. Im November 2008 will der Verband weitere Mitglieder aufnehmen und mittelfristig potentiell rund eine Million Haushalte anschließen können. Die Mitgliedsunternehmen des Verbandes sind AMB (Aziende Municipalizzate Bellinzona), EBL (Elektra Baselland), EKT (Elektrizitätswerk des Kantons Thurgau), die Fribourger Groupe E, IWB (Industrielle Werke Basel), St. Galler Stadtwerke (SGSW) sowie das Stadtwerk Winterthur.

In Zürich baut das ewz (Elektrizitätswerk der Stadt Zürich) bereits ein FTTH-Glasfasernetz (Fiber to the Home) unter dem Namen ewz.zürinet auf. Das Projekt wurde durch eine Volksabstimmung beschlossen. Auf dem Breitbandnetz lief bereits ein Pilotprojekt des Telekomunternehmens Orange, das am 1. Juni 2008 mit Beginn des operativen Betriebs von ewz.zürinet das erste kommerzielle FTTH-Angebot lancierte. Auch das ewz-Netz soll allen interessierten Providern zur Verfügung stehen. So gab Sunrise am 10. Juli bekannt, ebenfalls Services auf dem FTTH-Netz anzubieten, und kündigte einen Testbetrieb für kommenden Herbst an, "um die Möglichkeiten und Rahmenbedingungen auszuloten".

Viel Geld in Glasfaser stecken will auch Swisscom, das größte Telecomunternehmen des Landes und zu 52 Prozent im Besitz der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Der ehemalige Monopolist will in den nächsten fünf Jahren insgesamt acht Milliarden Franken (rund fünf Milliarden Euro) für ein Schweizer Glasfasernetz ausgeben. In einem Interview mit dem Schweizer Magazin Weltwoche (Ausgabe 10/7 08) sagte Swisscom-Chef Carsten Schloter, dass das Unternehmen anderen Anbietern, die selbst in Glasfaserkabel investieren möchten, eine Kooperation anbiete.

Pro Leitung will Swisscom vier Glasfasern verlegen, drei davon der Konkurrenz verkaufen und dann den Wettbewerb spielen lassen, meint Schloter. Die Kosten des Leitungsbaus möchte er unter den Konkurrenten aufteilen, so wie auch die Versorgungsgebiete. Jeder Wettbewerber solle seinen eigenen Teil erschließen, so Schloter und erhalte "über das 4-Fasern-System Zugang zum gesamten Netz". In den nächsten Monaten will Swisscom entsprechende Pilotprojekte in verschiedenen Städten starten, bis 2010 will die Telco den meisten Schweizer Haushalten einen Zugang zum Glasfasernetz ermöglichen.

Dem staatlich gelenkten Aufbau des nationalen Glasfasernetzes – eine Vorstellung des Wettbewerbers Sunrise – erteilte Schloter eine Abfuhr, denn dann "werden die gesamte Infrastruktur und die Technologieentscheide nicht mehr durch den Wettbewerb bestimmt, sondern durch staatliche Vorgaben." Auch wolle die Swisscom kein neues Monopol aufbauen, sagte Schloter in dem Interview, weil man "sonst voll in den Regulationshammer hineinlaufen würde". Das führe bei Planung und Investitionsüberlegungen zu großen Unsicherheiten. "Um das zu vermeiden, setzen wir uns lieber einem harten Infrastrukturwettbewerb aus", betonte Swisscom-Chef Schloter. (Tom Sperlich) / (vbr)