Schwimmende Solaranlagen: Auch "konservative" Studie ermittelt großes Potenzial

Wenn man nur einen kleinen Teil geeigneter Seen in aller Welt mit Solaranlagen bedeckt, könnten dutzende Staaten große Teile des Strombedarfs damit decken.

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Photovoltaikanlagen auf einem See im Abendlicht

(Bild: ungvar/Shutterstock.com)

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Schwimmende Solaranlagen auf geeigneten Wasserflächen in aller Welt könnten jährlich 1302 Terawattstunden Strom liefern. Das ist fast zweieinhalbmal so viel wie der Bruttostromverbrauch der Bundesrepublik Deutschland. Das hat ein Forschungsteam aus Großbritannien ermittelt und das Potenzial der erneuerbaren Energiequelle damit konkret beziffert. Mehrere Staaten könnten ihren gesamten Strombedarf demnach mit schwimmender Photovoltaik (FPV) decken, dutzende mindestens zehn Prozent. Dabei hat die Forschungsgruppe bereits Wasserflächen für die Nutzung ausgeschlossen, die mehr als ein halbes Jahr lang austrocknen oder zufrieren und die mehr als zehn Kilometer von größeren Siedlungen entfernt sind. Außerdem sind sie davon ausgegangen, dass bei keinem der Seen oder Stauseen mehr als zehn Prozent der Fläche mit Solarpaneelen abgedeckt wird und die maximale Fläche auf 30 km² begrenzt ist. Insgesamt kommen demnach 68.000 natürliche und künstliche Seen für die Installation in Betracht.

Wie das Forschungsteam ausführt, könnten vor allem Staaten in Afrika, in der Karibik, in Südamerika und in Zentralasien große Teile ihres Strombedarfs mit schwimmenden Solaranlagen decken. Dort finden sich demnach besonders günstige Voraussetzungen, etwa bezüglich des Sonnenstands und der geeigneten Wasserflächen. Ermittelt haben sie, dass Papua-Neuguinea, Benin, Kiribati, Ruanda und Äthiopien teilweise bis zu viermal so viel Elektrizität mit FPV erzeugen können, wie dort gegenwärtig verbraucht wird. In Tonga, Bolivien und dem Tschad könnten zumindest große Teile des Strombedarfs von schwimmender Photovoltaik gedeckt werden. In Europa hat demnach noch Finnland die besten Voraussetzungen: Dort könnte FPV 17 Prozent des Strombedarfs decken. Deutschland gehört dagegen unter den Voraussetzungen mit einem möglichen Anteil von 0,05 Prozent am Strombedarf zu den Schlusslichtern.

Ermittelt hat das Team auch, dass jährlich fast 450 Millionen Tonnen CO₂ weniger ausgestoßen würden, wenn alle geeigneten Wasserflächen auf diesem Weg Strom liefern würden. Nicht überall wäre die Bilanz aber positiv, so wird bei der Stromerzeugung in Paraguay bereits jetzt so wenig CO₂ freigesetzt, dass ein umfangreicher Wechsel zu schwimmender Photovoltaik für einen höheren Ausstoß sorgen würde. Trotzdem wäre der Effekt insgesamt eindeutig positiv. Und dabei spricht das Forschungsteam von eher konservativen Annahmen. Beispielsweise könnte man leicht mehr Strom mit schwimmenden Solaranlagen erzeugen, wenn größere Teile der Wasserflächen mit Solaranlagen bedeckt werden. Außerdem sei auch die Maximalgröße nicht abschließend, schon jetzt gebe es Solarparks mit deutlich größeren Ausmaßen, allen voran der Solarpark Bhadla in Indien, der sich über mehr als 56 km² erstreckt – wenn auch an Land.

Veröffentlicht wurde die Forschungsarbeit jetzt im Wissenschaftsmagazin Nature Water. Es ist bei Weitem nicht die erste, die sich mit dem Potenzial von schwimmender Photovoltaik beschäftigt, sie unterstreicht aber einmal mehr, wie viel erneuerbaren Strom die Technik vor allem in bislang weniger entwickelten Regionen liefern kann. Schon vor einigen Wochen haben italienische Forscher vorgerechnet, dass schwimmende Solaranlagen auf bereits existierenden Wasserflächen in ganz Afrika 20 bis 100 Prozent des Stroms generieren könnten, den Wasserkraftwerke an allen geplanten Dämmen auf dem Kontinent liefern sollen. Vor einem Jahr hieß es gar besonders optimistisch, dass mit Photovoltaikanlagen auf existierenden Wasserreservoirs ein großer Teil des weltweiten Energiebedarfs gedeckt werden könnte. Ein starker Ausbau von schwimmender Photovoltaik hätte demnach aber noch eine Reihe weiterer Vorteile, so könnten beispielsweise immense Mengen an Wasser gespart werden, weil deren Verdunstung verhindert wird.

(mho)