Sendeanstalten können Frequenzöffnung für Mobildienste auch positive Seiten abgewinnen

Die von der ITU-Wellenkonferenz beschlossene Öffnung des UHF-Bereichs für mobile Dienste wird von der bisher allein auf diesen Frequenzen sendenden Rundfunkbranche mit gemischten Gefühlen betrachtet, als Verlierer wollen sich die Sender aber nicht sehen.

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Von
  • Monika Ermert

Der Dachverband der Rundfunkunternehmen in Europa (European Broadcasting Union EBU) hätte sich ein besseres Ergebnis der internationalen Wellenkonferenz in Genf (WRC 07) gewünscht, als Verlierer des Kampfs um die UHF-Frequenzen sieht sich die Branche aber nicht. "Wir können dem Ergebnis durchaus auch positive Aspekte abgewinnen", sagte ein Vertreter der EBU gegenüber heise online.

Die weitere Entwicklung der künftig auch für Mobilfunkangebote offenen Kanäle 61 bis 69 (690 bis 762 MHz) sei sehr stark von politischen Entscheidungen abhängig, teilte Herbert Tillmann, Technischer Direktor des Bayerischen Rundfunks, auf Anfrage mit. Tillmann vertritt die Interessen der ARD im Bereich der Frequenzpolitik. Öffentlich-rechtlicher und privater Rundfunk hatten die offizielle deutsche Delegation gedrängt, bei der Öffnung des begehrten UHF-Spektrums auf eine Vertagung bis zur nächsten ITU-Wellenkonferenz im Jahr 2011 hinzuarbeiten.

"Die Medaille hat zwei Seiten", ist die Sicht der Rundfunkanbieter auf das Ergebnis der WRC 07. Der obere Teil der UHF-Frequenzen (Kanäle 61 bis 69 oder 790 MHz bis 862 MHz) ist ab 2015 weltweit zur Nutzung durch Mobilfunk freigegeben. Das bedeute, dass die bisher in Europa für den Rundfunk exklusive primäre Frequenzzuweisung in den Kanälen 61 bis 69 durch eine so genannte "co-primäre Zuweisung" – gemeinsam mit Mobilfunkdiensten – ersetzt worden sei. Die Kehrseite der Medaille: "Die Zuweisung für Mobilfunk ab 2015 ist unter gewissen Randbedingungen auch früher nutzbar", ergänzt der BR-Technikchef.

"In einigen Ländern wird es sofort losgehen mit Lizenzierungen für Mobilfunkangebote", sagt der EBU-Vertreter. Je kleiner die Märkte für neue Zugangsangebote, desto höher allerdings auch die Kosten für mögliche neue Gerätegenerationen, räumte er ein. In Deutschland sei noch unklar, wann die Kanäle 61 bis 69 wirklich für mobile Dienste genutzt werden kann, meint Tillmann: "Der größte Teil dieses Spektrums wird zurzeit militärisch genutzt". Vor einer Nutzung muss geklärt werden, auf welchen Teil das Militär verzichtet.

In den vergangenen Jahren wurde von Experten immer wieder darauf hingewiesen, dass es bei den vom Militär genutzten Frequenzen noch Raum für eine effektivere Nutzung gibt. Vor zwei Jahren hatte die Regulierungsbehörde bereits vom Bundesministerium für Verteidigung zurückgegebenes Spektrum im Bereich von 880–890/925–935 MHz den großen Mobilfunkbetreibern zur Verfügung gestellt.

Die neuen Genfer Entscheidungen haben laut Tillmann zunächst keinen Einfluss auf den Rollout von DVB-T. Mittelfristig hänge das allerdings von der Umsetzung der WRC-07-Ergebnisse auf europäischer und nationaler Ebene ab. In Genf wurden gleichzeitig mit der möglichen Freigabe der UHF-Frequenzen auch Studien zu möglichen Interferenzen beschlossen. Zwar habe die EBU dafür plädiert, diese Studien noch vor der Freigabe zu machen, sagte der EBU-Vertreter. Dennoch begrüße man den Beschluss zu den Studien, da noch unklar sei, welche Pufferzonen zwischen den verschiedenartigen Angeboten eingehalten werden müssten.

Er halte es auch für möglich, dass die freigeräumten Bänder gar nicht für neue Dienste genutzt werden, sagt Tillmann. Das Bundeswirtschaftsministerium lädt Ende des Monats zu einer Nachbetrachtung der WRC-07-Entscheidungen. Vereinbarte Strategie auf deutscher Seite sei eine Paketlösung gewesen, die die Freigabe von UHF-Frequenzen mit der gleichzeitigen Freigabe im C-Band (3,4 bis 4,2 GHz) koppeln sollte. Dagegen hatten sich laut Tillmann Vertreter aus Mittel- und Südamerika gewandt, wo dieses Frequenzband intensiv für Satellitendienste genutzt werde. Gleichzeitig haben sich afrikanische Staaten sehr stark für die Öffnung des UHF-Bereichs ausgesprochen, ebenso wie die US-IT-Branche. (Monika Ermert) / (vbr)