Skandinavische Filesharer gründen "Piraten-Lobby"

Mehrere nordeuropäische zivilgesellschaftliche Organisationen und Websites haben sich zu einer Interessensvertretung zusammengeschlossen, die für freies Kopieren in P2P-Netzen und gegen Internetzensur aktiv werden will.

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Mehrere nordeuropäische zivilgesellschaftliche Organisationen und Website-Betreiber haben sich zu einer Interessensvertretung zusammengeschlossen, die international für freies Kopieren in P2P-Netzen und gegen Internetzensur aktiv werden will. Ziel der "Pro Piracy Lobby" ist es, "einen gemeinsamen Boden für die weitere Debatte" rund um unbeschränktes Filesharing und Urheberrechte zu schaffen sowie Kooperationen unter Gleichgesinnten voranzutreiben. Konkreter Anlass zur Gründung der Vereinigung war die Razzia gegen den schwedischen BitTorrent-Tracker   ThePirateBay.org Ende Mai. Die nur kurz in ihrem Betrieb beeinträchtigte populäre P2P-Site gehört genauso zu den Gründern der Piratenallianz wie das Künstlernetzwerk Artliberated Network und das Piratbyrån aus Schweden, das Berliner Projekt piratecinema.org sowie die dänische und die norwegische Piratgruppen.

"Das Interesse an Filesharing, Piraterie und dem Internet allgemein wächst jeden Tag exponentiell", begründet Tobias Andersson vom schwedischen Piratenbüro den Zusammenschluss. Piratengruppierungen und entsprechende Volksvertretungen wie die Anfang 2006 gegründete schwedische Piratenpartei würden "wie Frühlingsblumen aus dem Boden sprießen". Man wolle bald auf globaler Ebene agieren, der Schwerpunkt liege aber auf Beratungsdiensten im lokalen Bereich. Gute Erfolgsaussichten rechnet Claus Petersen von der dänischen Piratengruppe der ungewöhnlichen Lobbyvereinigung aus: "Zusammen haben wir ein großartiges Fundament geschaffen, um Kritik an den dominanten Medienkonzernen zu üben."

Als Grundsätze hat sich die Piratenallianz Sätze ins Stammbuch geschrieben wie "Wir werden alles kopieren, was wir wollen" oder "Lasst die Hände weg vom Internet!". Politiker werden aufgefordert, P2P zu legalisieren oder Urheberrechtsverletzungen in Tauschbörsen schlicht zu akzeptieren. Der einzige Weg für die Hollywood-Lobby und die etablierten Medienfirmen, Filesharing wieder loszuwerden, besteht den selbsternannten Online-Piraten zufolge im Dichtmachen des gesamten Internet. Aber für diesen Fall geloben die Aktivisten, ihr eigenes Netz bauen zu wollen. Auf ihrer Site verweisen sie zudem auf erste Versicherungen in Schweden gegen Anzeigen wegen illegalen Filesharings. Diese sollen für Schadensersatzansprüche der Inhalte-Anbieter aufkommen und nicht mehr als rund 15 Euro im Jahr kosten.

Im Rahmen der in zahlreichen Ländern ausgebrochenen Streitigkeiten über die Anpassung des Urheberrechts an die digitale Welt reagierten zuletzt in Frankreich Gegner der rechtlichen Sanktionierung von Systemen zum digitalen Rechtekontrollmanagement (DRM) und des Verbots des Filesharings geschützter Werke mit der Gründung einer Piratenpartei. Im Gegensatz zu ihrer schwedischen Schwester, die bereits über 7000 Mitglieder hat, konnte die französische Gruppierung zwar kurz nach ihrer Gründung erst auf 150 aktive Unterstützer bauen. Aber bis zu den Präsidentschaftswahlen im Mai 2007 hoffen die Gründer der Partei, mindestens 12.000 Personen mittelbar erreichen zu können. Sie fordern die Abschaffung des Urheberrechts sowie einen kostenlosen Internetzugang für alle Bürger.

Zu den Diskussionen um das geistige Eigentum, zu den juristischen Streitigkeiten um das Urheberrecht und zur Novellierung des deutschen Urheberrechtsgesetzes siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den Gesetzesentwürfen und -texten):

(Stefan Krempl) / (jk)