Weinberge in Steillagen: Wie Roboter und Drohnen beim Bewirtschaften helfen

Weinberge an Steilhängen sind schwer zu bewirtschaften. Damit das trotzdem klappt und kein Winzer aufgibt, können Roboter und Drohnen eingesetzt werden.

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(Bild: Projekt Smarter Weinberg)

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Von
  • Birgit Reichert
  • dpa

Der Weinberg der Zukunft ist smart. Vor allem in Steillagen sollen Künstliche Intelligenz, Robotik und moderne Technik den Winzern die Arbeit erleichtern. Erste Zwischenergebnisse eines Forschungsprojektes mit dem Titel "Smarter Weinberg" wurden am Dienstag in Bernkastel-Kues an der Mosel vorgestellt. Zur Hilfe gehören auch Flugdrohnen, die seit 2022 immer öfter über steilen Weinbergen zum Spritzen unterwegs sind.

"Mehr und mehr Winzer in Steillagen geben auf, weil es so viel Arbeit ist", sagte Maria Wimmer, Professorin für Verwaltungsinformatik an der Universität Koblenz und Koordinatorin des Projekts. "Und deswegen ist es so wichtig, dass man hier unterstützt und Erleichterungen bringt." Der Landkreis Cochem-Zell, der eingebunden ist, habe großes Interesse daran, dass die Winzer das Kulturgut Wein erhielten.

Das Projekt besteht aus mehreren zusammenhängenden Teilen: Drohnen vor allem für Spritzarbeiten in Steillagen, Bodenrobotern zum Entlauben oder Mulchen von Weinbergen plus einer Datenbank an der Uni Koblenz, die dank spezieller Sensoren dem Winzer Auskunft über Blatt- und Bodenfeuchte in seinem Weinberg und über die erwartbare Schädlingsentwicklung gibt. Das sei ein "KI-basiertes Weinberg-Informationssystem", sagte Wimmer.

Schon jetzt setzen immer mehr Winzer in Steillagen auf Spritz-Drohnen. Das Fluggerät des chinesischen Herstellers DJI sei seit dem vergangenen Jahr zunehmend im Einsatz, sagte Experte Matthias Porten vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) in Bernkastel-Kues. In der Regel wird ein Weinberg von Mai bis Ende Juli achtmal gespritzt. Eine Drohne kann tiefer fliegen als Hubschrauber. Experten nennen zudem weniger Abdrift beim Einsatz der Spritzmittel und geringere Lärmbelästigung als Vorteile.

Als erstes Unternehmen in Rheinland-Pfalz war Plantivo im Simmertal (Kreis Bad Kreuznach) 2022 mit luftrechtlicher Genehmigung zum Einsatz der Technik abgehoben. Die Anfragen von Winzern seien so stark gestiegen, dass es für 2024 Wartelisten gebe, sagte Geschäftsführer Andreas Schlarb. Seine Firma habe in dieser Saison rund 100 Hektar an der Mosel, im Ahrtal und im Rheingau bewirtschaftet und rund 4000 Flüge gemacht. "Unsere Herausforderung ist: Wie finden wir für das nächste Jahr genug Piloten, um die ganzen Anfragen bewältigen zu können?", sagte Schlarb.

Die Koblenzer Firma AeroDCS hat eine Wasserstoffdrohne entwickelt, die – anders als das chinesische Modell mit Elektroakkus – viel länger in der Luft bleiben könnte. "Wir machen auch Kartierungen für Weinbergsuntersuchungen", sagte Geschäftsführer Ralf Hoffmann. Die Daten sollten live übertragen werden, um sie in Echtzeit auszuwerten.

Porten, Abteilungsleiter Weinbau und Önologie beim DLR, sagte zur Wasserstoffdrohne: "Wir bauen jetzt in einem Forschungsprojekt eine Sprühanlage darunter." Denn: "Wir wollen mit Wasserstoff noch effektiver und umweltfreundlicher fliegen." Noch sei die Drohne aber keine Spritz-Drohne. "Aber wir wollen die Zukunft zeigen, wo es hingehen könnte", sagte er bei einer Vorführung der DJI-Drohne im Weinberg.

"Wir sind sehr zufrieden, wir sind sehr guter Dinge", sagte Wimmer zum Stand des bis zunächst Ende 2024 laufenden Forschungsprojektes mit einem Budget von rund 3,5 Millionen Euro. Das Projekt wird auch vom Bundesministerium für digitale Infrastruktur gefördert.

Nächstes Jahr werde man auch "bodenbehaftete Demonstrationen" zeigen können, sagte sie. Gemeint sei eine "Roboterplattform", eine Art Raupe mit speziellem Antrieb, die am Steilhang fahren und arbeiten könne: Mulchen oder Laub wegschneiden, damit Trauben wieder von der Sonne beschienen werden.

Zum Steuern braucht es Kameras und sehr schnelle 5G-Datenverbindungen zu einem Rechner. Da es die aber noch an keinem Weinberg gibt, arbeite man an einem "nomadischen Campusnetz" – also an einem eigenen, sehr starken 5G-Netz, das dorthin befördert wird, wo es gerade gebraucht wird, sagte Wimmer. 5G sei gerade bei bildgebenden Verfahren wichtig. "Das sind alles einzelne Bausteine, die zusammenwirken müssen, damit es funktioniert", sagte sie.

Steil- und Steilstlagen sind viel arbeitsintensiver als Rebzeilen in der Ebene – sie erfordern viel Handarbeit. "Wir verlieren an der Mosel im Jahr um die 100 Hektar Steillagen", sagte der Leiter vom DLR, Norbert Müller. Während man in der Flachlage unter 200 Stunden pro Hektar brauche, seien es in der Steillage bis zu 1500 Stunden. "Die Mosel lebt von der Weinkulturlandschaft. Sie muss erhalten bleiben."

Die Moselregion ist laut Verein Moselwein das größte zusammenhängende Steillagenweinbaugebiet der Welt. Rund 3400 von knapp 8700 Hektar Rebfläche gehören zu Steillagen, haben also eine Steigung von mehr als 30 Prozent. Der Weinberg Calmont zwischen Bremm und Ediger-Eller hat sogar eine Hangneigung bis zu 68 Grad.

(olb)