Smartphone als elektronisches Stethoskop: Herzforscher untersuchen Tauglichkeit

Eignen sich Smartphones, um damit Herztöne in verwertbarer Qualität aufzuzeichnen? Grundsätzlich ja, meinen Wissenschaftler.

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(Bild: Shutterstock/isai Hernandez)

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Ein britisch-niederländisches Forscherteam hat die Eignung von Smartphones zur akustischen Aufzeichnung von Herztönen mit der eigens dafür entwickelten App "Echoes" untersucht. Rund 5000 Nutzerinnen und Nutzer steuerten bisher etwa 100.000 Aufnahmen von Herztönen zu einer Datenbank bei. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erhoffen sich, mit den Daten die Herzforschung voranzubringen.

Herzstück der Forschungsarbeit des Wissenschaftsteams ist die App "Echoes". Mit ihr können Smartphones dazu verwendet werden, um Herztöne über das interne Mikrofon aufzuzeichnen. Die App ist allerdings zunächst nur für iOS verfügbar. Um die eigenen Herztöne zu messen, müssen das Mikrofon eines iPhones nacheinander an vier Messpunkten in Herznähe direkt auf die Brust aufgesetzt und mehrsekündige Messungen durchgeführt werden.

Zunächst untersuchte das Forschungsteam in ihrer in European Heart Journal – Digital Health veröffentlichten Untersuchung, welche Auswirkungen die Version des iPhone auf die Aufnahmequalität hat. Dabei zeigte sich, dass bei Verwendung neuerer iPhones ab Version 8 die Aufnahmequalität bereits beim ersten Versuch zunahm. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass sich neuere iPhones wohl durch die fortschrittlichere Mikrofon- und Aufnahmetechnik besser zur Aufzeichnung von Herztönen eigenen als ältere Modelle. Insgesamt bescheinigen sie der Hardware des iPhone eine gute Eignung als elektronisches Stethoskop. Zusätzlich stellte das Forschungsteam fest, dass die Anwenderinnen und Anwender mit zunehmender Anzahl von Versuchen, bessere Aufnahmen erstellten, weil sie dazulernten.

Insgesamt werteten die Forschenden 7597 Aufnahmen von 1148 Anwenderinnen und Anwendern aus. Dabei nutzten sie ausschließlich Aufnahmen, die länger als 5 Sekunden andauerten. Dabei erwiesen sich 7570 Aufnahmen als grundsätzlich tauglich. Die Aufnahmen ordneten die Forscher drei Qualitätsstufen zu: gut, unsicher und schlecht. Mehr als 80 Prozent der Nutzenden waren in der Lage, mindestens eine Aufnahme guter Qualität zu machen. Unter guter Qualität versteht das Wissenschaftsteam solche Aufnahmen, aus denen sich die Hauptkomponenten des Herztons deutlich visualisieren ließen. Bei einigen Aufnahmen waren auch das dritte und vierte Herzgeräusch ermittelbar. Aufzeichnungen der Kategorie "unsicher" zeigten keine eindeutigen ersten und zweiten Herzgeräusche. In der Kategorie "schlecht" ließen sich keine regelmäßigen Herztöne feststellen.

Die Nutzerinnen und Nutzer gaben bei der Übermittlung der Aufzeichnung zugleich ihr Geschlecht, ihr Alter sowie ihre Größe und ihr Gewicht an, um daraus den Body-Mass-Index (BMI) zu berechnen. Dabei zeigte sich, dass Frauen und Männer etwa gleich gute Aufnahmen erzielten. Mit zunehmendem Alter waren die Aufnahmen beim ersten Versuch allerdings schlechter als in der jüngeren Altersgruppe. Ältere Menschen hätten aber auch hier dazu gelernt, heißt es in der Studie. Die Aufnahmequalität sei mit der Zeit angestiegen. Bei Menschen mit höheren BMI, also vermutlich beleibteren Personen, sank die Aufnahmequalität mit zunehmendem BMI.

Die Forscherinnen und Forscher kommen zu dem Schluss, dass sich iPhones als elektronisches Stethoskop eignen. Auch Laien können damit nach etwas Eingewöhnung selbst Herztonmessungen durchführen. Das Forscherteam untersuchte jedoch nicht, inwieweit die Aufnahmen für eine klinische Diagnose tauglich sind. Hierzu seien personalisierte medizinische Informationen nötig gewesen, die strengere Datenschutzeinstellungen erfordert hätten.

Den Einsatz von Smartphones als elektronisches Stethoskop sehen die Forscher vor allem in solchen Gebieten, in denen keine ausreichenden medizinischen Ressourcen zur Verfügung stehen. Zudem könnte die "Echoes"-App dazu genutzt werden, Herz-Kreislauf-Erkrankungen von Patienten selbst zu überwachen, ohne dass eine zusätzliche Hardware wie etwa eine Smartwatch benötigt wird. Dazu muss die App allerdings noch weiter verbessert und mit klinischen Tests untermauert werden. Die Forscher sind sich aber sicher, dass die App schon jetzt einen Beitrag zur Herzgesundheit leisten kann, indem sie die Menschen für die Überwachung ihrer Herztöne sensibilisiert. Die App "Echoes" steht in Apples App Store zum kostenfreien Download zur Verfügung.

(olb)