Somm nur "Sklave der Muttergesellschaft"

Nach dem Freispruch von Ex-Compuserve-Chef Felix Somm liegt nun die UrteilsbegrĂĽndung vor.

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Nach dem Freispruch von Ex-Compuserve-Chef Felix Somm vor dem Landesgericht MĂĽnchen I liegt nun die UrteilsbegrĂĽndung vor. Demnach sah es Richter Laszlo Ember als erwiesen an, dass Online-Dienste nicht fĂĽr fremde Inhalte, zu denen sie lediglich einen technischen Zugang vermitteln, verantwortlich sind.

Im Gegensatz zur Erstinstanz war das Berufungsgericht nicht der Auffassung, dass Somm eine Sperrung der beanstandeten Inhalte technisch möglich und zumutbar gewesen wäre. Eine Mittäterschaft oder Beihilfe setze eine gewisse Tatherrschaft voraus, von der bei Somm nicht die Rede sein könne, sagte Ember. Somm sei nur "Sklave der Muttergesellschaft" gewesen. "Haupttäter war, wenn man so sagen darf, Compuserve USA." Somm habe bei der Mutterfirma eine vorübergehende Sperrung der beanstandeten Inhalte erreicht. "Mehr kann von ihm schlechterdings nicht verlangt werden. Er konnte weiter nichts unternehmen", erklärte der Richter.

Mit dem Freispruch schloss sich das Gericht den gleich lautenden Anträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung an. Allerdings, so Ember, verkünde er das Urteil nicht frohen Herzens, denn es sei "so oder so unbefriedigend". Auch wenn Somm kein Verschulden treffe, müsse festgehalten werden, dass mit dem Internet eine große Gefahrenquelle geschaffen worden sei. Die schwierige Rechtslage hänge auch mit dem unbefriedigenden Multimediagesetz zusammen, mit dem der Gesetzgeber einseitig wirtschaftlichen Interessen den Vorrang gegeben habe. Auch die Gutachter hätten die Gefahren des Internets bestätigt. Ein Problem der Gegenwart sei offenbar, dass der technische den moralischen Fortschritt bei weitem überflügelt habe.

Ember nahm das Amtsgericht gegen seiner Meinung nach überzogene Kritik am umstrittenen erstinstanzlichen Urteil in Schutz. Ihm habe überhaupt nicht gefallen, dass im Zusammenhang damit in den USA von einem deutschen Überwachungsstaat gesprochen worden sei. Immerhin sei es in dem Verfahren um schwerwiegende strafbare Inhalte gegangen. Ember: "Ich habe als Richter sehr viele Kinder gesehen, die sexuell missbraucht wurden. Und ich habe gesehen, dass sie für immer und ewig geschädigt waren". Er habe leider den Eindruck, dass die US-Mutterfirma von Compuserve Deutschland diese Problematik nicht recht sehen wolle. (jo)