Sonnenfinsternis beginnt in Deutschland – Netzbetreiber angespannt
Die Sonnenfinsternis über Deutschland hat begonnen. Der Solarboom der vergangenen Jahre macht das Ereignis ein wenig zu Neuland. Es wird mit sehr großen Mengen Solarstrom gerechnet, kompliziert ist dabei besonders das Ende der Sonnenfinsternis.
Die Sonnenfinsternis über Deutschland hat begonnen. In diesen Minuten schiebt sich der dunkle Neumond immer weiter vor die Sonne. In Konstanz und Saarbrücken hat das Ereignis um 9.27 Uhr begonnen, Berlin folgte um 9.39 Uhr, Rostock um 9.40 Uhr. Je nach Standort in Deutschland verdeckt der Mond maximal 66 bis 83 Prozent der Sonnenscheibe. Deutlich dunkler wird es dadurch allerdings nicht, lediglich etwas düster. Gegen 12 Uhr ist das Schauspiel vorbei. Nur in einem schmalen Streifen auf dem Nordatlantik verfinstert sich die Sonne komplett. Auf den Färöer-Inseln haben sich Tausende Touristen versammelt, um das sehr seltene Himmelsschauspiel zu verfolgen.
Belastung für die Stromnetze
Die Sonnenfinsternis wird die deutschen Stromnetze vor eine erhebliche Belastungsprobe stellen. Die Solarleistung geht in Deutschland nach Beginn der Finsternis von 16.000 Megawatt innerhalb von 75 Minuten herunter auf 7500 Megawatt, sagte der Leiter Systemführung beim Netzbetreiber 50Hertz, Gunter Scheibner am Freitagmorgen. Es gebe in vielen Regionen einen wolkenlosen Himmel mit hoher Solareinspeisung. Man sei aber sehr gut vorbereitet auf die Lage, betonte Scheibner.
Nach Ende der Finsternis werde die Leistung dann in 75 Minuten von 7500 auf 22.000 Megawatt steigen, so Scheibner. Mittags wird wegen des höheren Sonnenstandes am meisten Solarstrom produziert. 22.000 Megawatt entspricht rund 15 Atomkraftwerken.
Sonnenbetrachter aus Schuhkarton (4 Bilder)
1. Löcher in den Deckel schneiden
Im Zuge der Energiewende und wegen lukrativer Förderung war der Ausbau in den Vorjahren stark angewachsen, inzwischen sind in Deutschland rund 39.000 Megawatt Solarleistung installiert. Die meisten der über eine Million Photovoltaikanlagen stehen in Bayern. Bei der Finsternis wird die Sonne in Deutschland größtenteils abgedeckt. Er sei angespannt, meinte der Geschäftsführer Systembetrieb bei 50Hertz, Dirk Biermann. Bei der bislang letzten vergleichbaren Sonnenfinsternis 1999 hatte es noch kaum Solaranlagen in Deutschland gegeben, daher ist das Ereignis Neuland.
Jede Menge Reserveleistung
Die vier großen Übertragungsnetzbetreiber haben sich extra mit 3800 Megawatt zusätzlich an Reserveleistung eingedeckt – notfalls können zum Beispiel Kohlekraftwerke per Anruf zum raschen Hochfahren der Leistung aufgefordert werden, um Schwankungen auszugleichen. Dafür fallen laut 50Hertz am Freitag 3,5 Millionen Euro an Zusatzkosten an. Eine konkrete Blackout-Gefahr gebe es jedoch nicht. Nur im äußersten Notfall müssten Verbraucher vom Netz genommen werden, hieß es in der Leitzentrale des Netzbetreibers.
50Hertz steuert von Neuenhagen bei Berlin aus die Versorgung für 18 Millionen Haushalte im Norden und Osten. "In dem Gebiet, wo die meisten Photovoltaik-Anlagen installiert sind, haben wir blauen Himmel", betonte Scheibner mit Blick auf die Wetterlage in Deutschland. Von Vorteil sei aber, dass es kaum Windeinspeisung gebe. Trotz fast 40.000 Megawatt installierter Windkraft-Leistung wurden am Morgen bundesweit nur knapp 540 Megawatt Windstrom produziert.
Der Stromkunde "wird nichts merken"
Mit den Kollegen im europäischen Ausland sind Telefonkonferenzen während der Finsternis geplant. Das Personal in den Leitzentralen wurde aufgestockt. "Alle Ampeln stehen auf Grün", sagte Biermann am Morgen mit Blick auf die intensive Vorbereitung. Auch der Ausfall eines Kraftwerks, das im Notfall zur Lieferung von Strom angefordert wird, sei einkalkuliert. Es gebe einen klaren Plan, zum Aktivieren von Kraftwerksreserven, "um Lücken und Schwankungen auszugleichen". Der Stromkunde werde nichts merken. (mho)