Spanien: Regierung verspricht für 2014 "Erholung" und "Jobs"

Ministerpräsident Rajoy sieht das Land auf dem Weg der Besserung, wenn es zum Jahresbeginn aus dem Rettungsschirm aussteigt

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Kurz bevor Spanien am 23. Januar den Rettungsschirm verlässt, hat der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy zum Wochenende den Landsleuten eine "Erholung" versprochen. "Das Schlimmste liegt hinter uns", resümierte er zum Jahresabschluss angesichts von Millionen Arbeitslosen.

Die Arbeitslosenrate liegt saisonbereinigt auf einem Rekordwert von fast 27 Prozent und die Erwerbstätigkeit fällt weiter und weiter. "Ich hatte vor einem Jahr gesagt, dass 2013 sehr hart wird." Schon damals habe er prognostiziert, dass im zweiten Halbjahr eine Besserung eintreten werde: "Die Tatsachen haben mich bestätigt."

Das sehen die beiden großen Tageszeitungen in Spanien anders. Sie beschuldigen den konservativen Regierungschef eines "übertriebenen Optimismus". Dass die Wirtschaft erstmals im dritten Quartal minimal um 0,1 Prozent gewachsen sein soll, ist für Beobachter kein Grund zum Feiern. Deshalb war auffällig, dass auch El Mundo, die anders als El País der Regierung nahe steht, ebenfalls titelte: "Offizieller Triumphalismus versus sozialer Realität".

Die Bevölkerung sieht kein Licht am Ende des Tunnels. Steuern und Abgaben steigen weiter und Sozialausgaben werden gekürzt. Die Arbeitslosenzahlen sind im September und Oktober nach leichter Erholung im Tourismussommer wieder deutlich gestiegen. Da beliebte Urlaubsländer wie Ägypten und Tunesien wegen Unruhen ausfielen, wurde Spanien eine Rekordanzahl ausländischer Touristen beschert. Die konnte aber nur knapp kompensieren, dass sich viele Spanier keinen Urlaub mehr leisten können.

Zwar verweist Rajoy als Erfolg darauf, dass die Arbeitslosenzahlen im November leicht um 2.500 gesunken seien, doch auch das ist nur eine halbe Wahrheit. Die Sozialversicherung hat fast 70.000 Beitragszahler verloren, also wurden definitiv weitere Stellen vernichtet. Dass die Zahl derer, die bei Arbeitsämtern gemeldet sind, gesunken ist, liegt daran, dass sie sich nicht mehr melden, da sie keine Ansprüche mehr haben. Oder sie sind wie viele andere Menschen aus den Krisenländern schlicht ausgewandert. Daran kommt auch Rajoy nicht vorbei, weshalb er versprach: "In 12 Monaten wird es weniger Arbeitslose geben." Um dem Nachdruck zu verleihen, fügte er an, auch die Zahl der Beitragszahler in der Sozialversicherung werde "deutlich steigen".

Das ist dringend nötig, denn sie haben 2013 erneut fast 240.000 Beitragszahler verloren. Nur noch gut 16 Millionen Spanier zahlen trotz der Arbeitsmarktreform ein. Die sollte viele Jobs bringen, indem der Kündigungsschutz weiter gelockert und Abfindungen billiger wurden. Die Zahl unbefristeter Beschäftigungsverhältnisse ist aber so niedrig wie nie zuvor. Um fast 24 Milliarden Euro musste Rajoy die Rentenreserven angreifen, um die Renten noch bezahlen zu können.

Ausgeblendete Probleme

Woher Jobs kommen sollen, dazu schwieg er sich aus. Das Land hatte auf einen zweiten Bauboom gesetzt, obwohl die im Jahr 2007 geplatzte Immobilienblase es tief in den Abgrund gerissen hatte. Im Umland der Hauptstadt Madrid wird nicht wie geplant das "Zockerparadies" Eurovegas errichtet. Die Verhandlungen mit der "Las Vegas Sands Company" sind vor Weihnachten gescheitert, obwohl man schon zahlreiche Gesetze extra für den Casinomagnat Adelson geändert hatte. Es werden keine 17 Milliarden Euro in sechs Glücksspieltempel, zwölf Hotelhochhäuser mit 36.000 Betten, in ein Einkaufszentren, Theater und Restaurants investiert. Bis 2025 sollten 250.000 Arbeitsplätze entstehen. Auch die Olympiaträume wurden beerdigt, als die Bewerbung für 2020 kürzlich an Tokio ging. Nach drei Niederlagen will sich Madrid nicht erneut bewerben.

Wie die linke Opposition werfen die Beobachter im Land der Regierung vor, Probleme auszublenden. Der Regierungschef triumphiert, niemand spreche mehr von einer "Spanien-Rettung". Der sozialistische Oppositionsführer Alfredo Pérez Rubalcaba hält ihm entgegen, dass davon niemand spreche, "weil wir längst gerettet wurden". Das sagte Rubalcaba mit Blick auf die 41,3 Milliarden Euro, die Spanien zur Bankenrettung aus dem europäischen Rettungsfonds erhalten hat. Aus diesem Programm steigt Spanien nun aus, da es angeblich kein neues Geld mehr brauche.

Doch bei seinen Banken ist die Lage nicht rosig. Kreditausfälle haben mit 13 Prozent zuletzt ein neues Allzeithoch erklommen. Auch nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) werden die Banken des Landes weiter unter Druck bleiben. Eine ähnliche Einschätzung vertritt auch die EU-Kommission, die auch zur Troika gehört, unter deren Kontrolle Spanien noch steht. Und die Bevölkerung darf sich auf neue Härten einstellen. Die Troika fordert nicht nur eine weitere Arbeitsmarkt- und Rentenreform, sondern auch eine Steuerreform, weshalb weiter steigende Steuern erwartet werden.

Mit Erstaunen nahm die Bevölkerung zur Kenntnis, dass sich Rajoy nicht zur massiven Korruption geäußert hat, die im Land auf dem Vormarsch ist. In sie ist nicht nur das Königshaus sondern auch seine Volkspartei (PP) bis in die Spitze verwickelt. Sein ehemaliger Schatzmeister gestand, dass sich die PP über 20 Jahre illegal über Schmiergelder finanzierte. Kurz vor Weihnachten ließ der zuständige Ermittlungsrichter sogar die Parteizentrale durchsuchen, weil ihm seit Monaten angeforderte Dokumente vorenthalten wurden.