Spanien kündigt weiteres Sparpaket an

Vor allem die einfache Bevölkerung wird stark belastet, Unternehmen werden mit geringeren Sozialabgaben unterstützt

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Die spanische Opposition ist entsetzt über die neuen Sparpläne der konservativen Regierung. Der konservative Ministerpräsident Mariano Rajoy hat sie am Mittwoch im Parlament vorgestellt. Er will bis Ende 2014 weitere 65 Milliarden Euro einsparen. Bis zu diesem Zeitpunkt soll er das Haushaltsdefizit unter die Stabilitätsmarke von drei Prozent drücken. Ein Jahr mehr Zeit hatten ihm die EU-Finanzminister am Dienstag gewährt.

Für die Sozialisten (PSOE) sind die Maßnahmen die Gegenleistung für die dabei beschlossene Bankenrettung. Nun schreibe die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) auch Spanien die Haushaltsführung vor. Das geschieht schon in Ländern, die wie Griechenland, Irland und Portugal ganz unter den Rettungsschirm geschlüpft sind.

Für den Oppositionsführer Alfredo Pérez Rubalcaba ist es kein Zufall, dass der Ministerpräsident die Anhebung der Mehrwertsteuer, Gehaltskürzungen und Einschnitte bei Sozialleistungen am Mittwoch verkündet hat. Denn in Brüssel waren am Vortag die Eckpunkte der Bankenrettung beschlossen worden. Schon im Juli soll die erste Rate über 30 Milliarden Euro an Spanien fließen. Hatten die Konservativen mit Blick auf die Troika stets behauptet, die "Männer in Schwarz" würden in Spanien auch künftig nicht den Ton angeben, ist für Rubalcaba klar, dass nun "hunderte Männer in Schwarz kommen". Das Land stehe nun "vollständig" unter externer Kontrolle, sagte er auf Rajoys Ankündigungen im Parlament. Er bot ihm einen Pakt an, um auch das "Wachstum zu fördern". Die einseitige Sparpolitik führe nur tiefer in die Rezession und lasse die Arbeitslosigkeit weiter steigen, kritisierte der PSOE-Chef.

Opposition kritisiert Steuererhöhungen

Rajoy setzt Maßnahmen um, die von Brüssel bisher empfohlen wurden. Die Mehrwertsteuer wird von 18 auf 21 Prozent angehoben. Der verminderte Satz von acht steigt auf zehn Prozent. Das hält die Opposition für ungerecht, weil geringe Einkommen besonders belastet werden und schon die Einkommenssteuer erhöht wurde. Rajoy gab zu, er habe vor den Wahlen im November Steuersenkungen versprochen. Es bliebe ihm "angesichts außergewöhnlicher Umstände" aber keine andere Wahl, rechtfertigte er sich. Der Chef der Vereinten Linken (IU) erinnerte ihn an seine Worte, mit denen er 2010 die Erhöhung der Mehrwertsteuer durch die PSOE von 16 auf 18 Prozent als "Säbelhieb einer schlechten Regierung" geißelte. Cayo Lara sagte: "Das waren Ihre Worte und Sie hatten recht."

Ungerecht seien auch Anhebungen von indirekten Steuern, die Kürzung des Arbeitslosengeldes und die Streichung des Weihnachtsgeldes im öffentlichen Dienst. Zwar bleibt der maximale Arbeitslosengeldanspruch bei 24 Monaten, aber nach sechs Monaten erhalten Arbeitslose noch weniger Geld. Wurde es bisher von 70 Prozent des letzten Einkommens auf 60 Prozent gekürzt, sollen es nun nur noch 50 Prozent sein. Damit soll die Stellensuche beschleunigt werden, sagte Rajoy. Die Linke sieht bei einer Arbeitslosenquote von fast 25 Prozent darin eine Verhöhnung von Arbeitslosen.

Der IU-Chef nannte es "Bonbons" für Arbeitgeber, dass die Zahl freigestellter Gewerkschaftler in Betrieben stark reduziert und Zuschüsse an Gewerkschaften um 20 Prozent gekürzt werden. Dazu komme, dass der Arbeitgeberanteil an der Sozialversicherung 2012 um einen Prozentpunkt und 2013 um einen weiteren Punkt sinken wird, um deren Lohnnebenkosten zu senken. Lara meint, mit all diesen Maßnahmen werde "Benzin in die Straßen des Landes gegossen", wo eine explosive Stimmung entstehe.

Er erinnerte, dass Steuerbetrüger dagegen mit einer Steueramnestie belohnt würden. Mit einer geringen Abgeltungssteuer von höchstens zehn Prozent können die nun ihr Schwarzgeld legalisieren, während die einfache Bevölkerung zur Kasse gebeten werde. Wegen der "Unmenge" gebrochener Wahlversprechen forderte er eine Volksabstimmung über die Sparpläne. Die Regierung habe in nur sieben Monaten "alle roten Linien" überschritten. Er kündigte er einen "heißen Herbst" an, man werde die Bevölkerung und die Arbeiter gegen die Pläne mobilisieren.

Die Kritik an anderen Maßnahmen fiel schwach aus. Vorgesehen ist auch, aus dem aufgeblähten politischen Apparat die Luft herauszulassen. Die Zahl der Stadtverordneten soll um 30 Prozent gesenkt werden. Gestrichen werden soll nun auch der stark reduzierte Mehrwertsteuersatz von vier Prozent beim Wohnungskauf. Mit dieser Subvention wollte die Regierung den abgestürzten Wohnungsmarkt stabilisieren, womit sie gescheitert ist.