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Spiegel: CSU wirft Bundesjustizministerin "Manipulation" eines Gutachtens zur Vorratsdatenspeicherung vor

Dr. Harald Bögeholz

Ein Gutachten, das der Vorratsdatenspeicherung keine Verbesserung der AufklĂ€rungsquote attestiert, las sich in einer frĂŒheren Version noch ganz anders.

Innerhalb der Bundesregierung bahnt sich ein neuer Streit um die Vorratsdatenspeicherung an. Wie das Nachrichtenmagazin Der Spiegel in seiner neuesten Ausgabe berichtet, geht es um unterschiedliche Versionen eines Gutachtens des Freiburger Max-Planck-Instituts [1]. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hatte im Januar ihre ablehnende Haltung zu einer sechsmonatigen Speicherpflicht von Telefon- und Internetverbindungsdaten unter anderem mit den Ergebnissen des Gutachtens begrĂŒndet. Es sei bislang nicht zu belegen, dass die AufklĂ€rung von Verbrechen gelitten habe, nachdem die vorĂŒbergehend eingefĂŒhrte Speicherpflicht entfiel, heißt es darin.

Doch eine 200 Seiten lange erste Fassung des Gutachtens "SchutzlĂŒcken durch Wegfall der Vorratsdatenspeicherung?", die dem Ministerium bereits im August 2010 ĂŒbermittelt wurde, kommt laut Spiegel zu anderen Ergebnissen als die spĂ€tere Version. In dem Papier, das dem Magazin vorliegt, ist Kritik an der Vorratsdatenspeicherung nicht zu finden. Im Gegenteil: Damals drĂ€ngten die Autoren auf eine Neuregelung der umstrittenen Speicherpflicht. Auf das Instrument zu verzichten sei eine "politische AbwĂ€gung zu Lasten der Strafverfolgung".

Als das Max-Planck-Institut das Papier 2010 prĂ€sentierte, forderte das Bundesjustizministerium laut Spiegel umfangreiche Nachbesserungen und verwies auf vertraglich vereinbarte Leistungen, die nicht erbracht worden seien. Neben zusĂ€tzlichen Daten aus dem Jahr 2009, die in die Studie einflossen, sollte auch ein neuer Schwerpunkt "Ermittlungseffizienz und AufklĂ€rungsquote" aufgenommen werden. Dort werden jetzt jene Fakten betont, die dem Ministerium spĂ€ter als Argumente gegen die Vorratsdatenspeicherung dienen sollten. Ein Sprecher des Justizministeriums wies die VorwĂŒrfe zurĂŒck. Die Ergebnisse des renommierten Max-Planck-Instituts sprĂ€chen fĂŒr sich. Institutsdirektor Albrecht beantwortete mehrere Anfragen nicht. Unionsabgeordnete reagierten empört. Der CSU-Innenexperte Stephan Mayer wirft Leutheusser-Schnarrenberger "Manipulation" vor. Es handle sich bei dem Papier "fraglos um ein GefĂ€lligkeitsgutachten auf Kosten der Steuerzahler". Der Vorfall mĂŒsse aufgeklĂ€rt werden. Und der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach, erklĂ€rt: "Offensichtlich war der Bundesjustizministerin die Originalstudie zu positiv." Darum habe sie Nachbesserungen in ihrem Sinne erwartet. (bo [2])


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https://www.heise.de/-1468818

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/news/Studie-Vorratsdatenspeicherung-verbessert-die-Aufklaerungsquote-nicht-1423035.html
[2] mailto:bo@boegeholz.org