Spotify hebt US-Preise an, um Tantiemen zu senken​

Zum 2. Mal in einem Jahr hebt Spotify die Abopreise in den USA an. Das könnte Geld sparen. Das Car Thing wird abgeschaltet, nach Protesten gibt es Geld zurück.​

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Spotify-Logo auf iPhone, daneben liegen AirPods

(Bild: Primakov/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
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Der Musikstreamer Spotify hebt zum zweiten Mal binnen Jahresfrist die Abopreise in den USA an. Die Tarife steigen um ein bis drei US-Dollar pro Monat. Ein Grund für die Preiserhöhung könnte die Klage einer Verwertungsgesellschaft sein. Eine gute Nachricht gibt es für US-Kunden, die auf das "Car Thing" genannte Nachrüst-Infotainmentsystem für Kfz hereingefallen sind. Preiserhöhungen für Spotify-Abonnenten in anderen Ländern dürften folgen.

Das Car Thing genannte Gadget hat Spotify 2022 an zahlende US-Abonnenten zum Stückpreis von 90 US-Dollar verkauft. Es war für die Montage im Auto konzipiert, wo es als eine Art nachrüstbares Infotainment-System funktioniert, das Songs und Podcasts über Spotify abspielen kann. Abgespielt haben wird, muss es heißen, denn Anfang Dezember 2024 entzieht Spotify seinem Car Thing die Unterstützung. Das Gerät wird zum Elektronikmüll.

Geld zurück gab es zunächst keines. Doch dann folgte eine Sammelklage, und jetzt bietet Spotify Kunden, die sich übervorteilt erachten, die Gelegenheit, mit dem Kundendienst Kontakt aufzunehmen, um "ihre Möglichkeiten zu erörtern". Einzelne berichten bereits, Geld zurückerhalten zu haben.

Gleichzeitig sucht Spotify weiterhin nach einem brauchbaren Geschäftsmodell. Mit einer Ausnahme hat das Unternehmen noch in jedem Geschäftsjahr Betriebsverlust geschrieben. Das ist auch kein Wunder: Der Großteil der Einnahmen, sei es aus Werbung, aus Abonnements oder aus sonstigen Quellen, geht an die Rechteinhaber. Ein 2015 durchgesickerter Vertrag zwischen Spotify und Sony Music hat gezeigt, dass Spotify entweder mindestens 60 Prozent des Bruttoumsatzes oder aber Mindestgebühren abgeben muss, was eben teurer ist. Dazu kamen gratis Werbeplätze, Vorauszahlungen, plus Top-Up Fees, sollte nicht mindestens jeder zehnte Hörer ein zahlender Abonnent sein.

Auf der Suche nach einer tragbaren Zukunft hat das Unternehmen bereits erheblich Personal abgebaut. Zudem sucht Spotify, die Werbeeinnahmen zu steigern – auch bei zahlenden Abonnenten. Diesen werden vielleicht keine klassischen Werbespots aufgezwungen, aber zahlende Künstler aufgedrängt. Allerdings dürften höhere Einnahmen aus Werbung und Abogebühren nur in bescheidenem Ausmaß helfen, eben weil der Großteil an die Rechteinhaber fließt. Gleichzeitig wird der Betrieb nicht billiger, und das Ausmaß der gehosteten Musik steigt sekündlich.

Doch die US-Lizenzvereinbarung mit Librettisten, Komponisten und Musikverlagen aus dem Jahr 2022 enthält eine interessante Klausel: Für Einnahmen aus Bündeldiensten muss Spotify demnach geringere Tantiemen zahlen als für reine Musikabos – sofern die zusätzliche Leistung nicht bloß "symbolischen Wert" hat ("token value"). Und so hat Spotify im November zu jedem Bezahlabo 15 Stunden Hörbuchnutzung hinzugefügt, und dann im März die Klausel aktiviert.

Damit, behauptet die Verwertungsgesellschaft Mechanical Licensing Collective (MLC), seien die Tantiemen aus Spotify-Bezahlabos um fast die Hälfte eingebrochen. Der Musikverlag Sony Music Publishing spricht von etwa 20 Prozent weniger Einnahmen aus Spotify-Tantiemen (inklusive dem werbefinanzierten Teil). Spotify ist der Auffassung, dass das Bündel mit Hörbüchern zusätzliche Abonnenten bringen werden, womit die Tantiemen langfristig sogar höher ausfallen werden (obgleich zu einem geringeren Prozentsatz).

Die Musikverlage sind aufgebracht. Sony und der Branchenverband National Music Publishers' Association beraten noch, doch die MLC hat Spotify bereits verklagt. Sie erhebt den Vorwurf, dass das Bündel kein echtes Bündelangebot sei, weil die Hörbücher nur geringen Wert hätten. Ausweis sei, dass Spotify die Hörbücher ungefragt hinzugefügt habe, ohne den Preis anzuheben.

Diesem Vorwurf tritt Spotify nun durch die Preiserhöhung entgegen. Ein Einzelabo kostet ab Juli zwölf US-Dollar netto pro Monat (+$1), das Doppelabo 17 Dollar (+$2), das Familienabo 20 Dollar (+$3). Nur der Studententarif bleibt bei sechs Dollar monatlich. Für Neukunden gelten diese Tarife ab sofort, für Bestandskunden ab Juli.

Übrigens bietet Spotify es in den USA auch einen eigenen Hörbuchtarif an. Er umfasst ebenfalls 15 Stunden pro Monat, sowie werbefinanziertes Musikstreaming, und kostet zehn US-Dollar monatlich. Zusätzliche Hörbuchstunden kosten extra – wie viel extra, erfährt man erst nach Vertragsabschluss. Das Angebot liegt dem Unternehmen offensichtlich nicht am Herzen. Zu finden ist das Hörbuchabo auf der US-Webseite nämlich nicht, man muss schon eine Suchmaschine bemühen.

Das Gerichtsverfahren heißt Mechanical Licensing Collective v Spotify und ist am US-Bundesbezirksgericht für das südliche New York unter dem Az. 1:24-cv-03809 anhängig.

(ds)