Sprengung von Nord Stream: Bundesanwaltschaft bestätigt Schiffsdurchsuchung

Eine pro-ukrainische Gruppe soll laut Medienberichten die Nord-Stream-Pipelines sabotiert haben. Einige Politiker warnen vor einem Ablenkungsmanöver.

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(Bild: Schwedische Küstenwache)

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Einen Tag nach den Veröffentlichungen über eine mutmaßliche pro-ukrainische Gruppe, die Ende September den Angriff auf die Ostsee-Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 verübt haben sollen, hat die Bundesanwaltschaft bestätigt, dass sie bereits Mitte Januar ein verdächtiges Schiff durchsuchen ließ. Laut Medienberichten soll die Gruppe Anfang September von Rostock aus mit einem gemieteten Boot aufgebrochen sein, um nahe der dänischen Insel Bornholm die Pipelines zu sprengen. Indessen gab es international gemischte Reaktionen auf die Neuigkeiten: Mehrere Vertreter aus Politik und verschiedener Staaten halten ein Täuschungsmanöver für möglich, das den Verdacht in eine falsche Richtung lenken soll.

Weitere Details zu den Ermittlungen rund um das Schiff teilte die Bundesanwaltschaft nicht mit. Medien hatten berichtet, dass in der Kabine Sprengstoffreste nachgewiesen worden seien. Belastbare Aussagen zu möglichen Tätern und einer staatlichen Steuerung könne sie jedoch nicht treffen, hieß es von der Behörde in Karlsruhe. Mitarbeiter des Unternehmens, welches das Schiff vermietet habe, seien nicht tatverdächtig. Durch den Anschlag auf die beiden Pipelines, die Russland mit Deutschland verbinden, wurden drei Stränge schwer beschädigt. Russland plant laut Medienberichten, diese zu versiegeln und vorerst nicht zu reparieren.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), sagte dem Nachrichtensender "ntv", er rechne nicht damit rechne, dass eine mögliche ukrainische Beteiligung an den Pipeline-Explosionen die Unterstützung für die Ukraine im Krieg gefährden könnte. Aggressor sei eindeutig Russland. Auch sei es jetzt wichtig, Licht hinter das Dunkel zu bringen, wer der eigentliche Auftraggeber war.

Der stellvertretende Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Roderich Kiesewetter (CDU), kritisierte gegenüber "t-online", dass die "bisherige Informationspolitik und das intransparente Vorgehen der Bundesregierung Spekulationen in allen Richtungen Vorschub" leiste.

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Sebastian Hartmann mahnte auf Twitter an, dass die "parlamentarische Begleitung auf allen Ebenen weiter eng sein" sein müsse. Es sei zu früh, aus den jetzigen Verdachtsmomenten gesicherte Erkenntnisse zu generieren. Der Linken-Politiker und Vorsitzende des Ausschusses für Klimaschutz und Energie, Klaus Ernst, kritisierte dagegen gegenüber der russischen Nachrichtenagentur Tass, dass deutsche Parlamentarier keine Informationen über die Aufklärung der Sabotage erhalten würden. "Wir wissen nicht, wer und wie ermittelt." Das sei absolut inakzeptabel, da es immerhin um einen Angriff auf Deutschlands Energieinfrastruktur gehe.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) mahnte an, dass die zuständigen Behörden zunächst ihre Ermittlungen zu Ende führen müssten. Es sollten nicht vorzeitig Schlüsse gezogen werden. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) erklärte im "Deutschlandfunk", dass auch eine False-Flag-Operation denkbar sein. Es gelte abzuwarten, was sich wirklich bestätigt.

Der ukrainische Präsidentenberater Michail Podolyak nannte die Veröffentlichungen "amüsante Verschwörungstheorien über die ukrainische Regierung". Die Ukraine habe nichts mit der Sabotage zu tun und auch keine Informationen über Sabotagegruppen.

Aus Russland heißt es, die westlichen Medienberichten seien ein "koordinierter Versuch, die Aufmerksamkeit abzulenken". Russland sei ratlos, dass US-Beamte ohne Untersuchung irgendetwas über die Angriffe vermuten könnten, ließ Kreml-Sprecher Dmitri Peskov über die staatliche Nachrichtenagentur RIA verlauten. "Das ist nicht nur seltsam. Es riecht nach einem monströsen Verbrechen."

Manuel Atug von der deutschen AG Kritis sagte dem Deutschlandfunk, dass es nach seiner Einschätzung keine Gelegenheitstäter gewesen sind, die die Pipelines in 70 Meter Tiefe gesprengt haben. "Es stecken mit hoher Wahrscheinlichkeit staatliche Akteure dahinter und sie unterstützen das zumindest", erklärte er im Deutschlandfunk.

(mki)