Steuerbetrug und Schwarzarbeit? Razzias bei Netflix

Steuerfahnder in Amsterdam und Paris haben sich koordiniert und am Dienstag Netflix-Büros in Paris und Amsterdam durchsucht. Wohin gehören die Milliarden?​

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Netflix-Gutscheinkarten in einem Supermarktregal

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(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 3 Min.

Parallele Hausdurchsuchungen bei Netflix haben niederländische und französische Steuerfahnder am Dienstag durchgeführt. Sie gehen dem Verdacht der Steuerhinterziehung nach, in Frankreich auch dem Verdacht der Geldwäsche und Schwarzarbeit.

Dies berichten französische Medien unter Berufung auf nicht genannte Justizmitarbeiter, respektive niederländische Medien unter Berufung auf die dortige Staatsanwaltschaft. Netflix stellt die Vorwürfe in Abrede und betont, sich an alle Steuergesetze zu halten. In Italien hat sich Netflix vor zwei Jahren mit der dortigen Steuerbehörde geeinigt und 55,8 Millionen Euro gezahlt. Vorvorige Woche habe Beamte der südkoreanischen Steuerbehörde der dortigen Niederlassung Netflix' einen Besuch abgestattet. Südkorea hat Netflix bereits wegen Steuerhinterziehung bestraft, wogegen Netflix Rechtsmittel erhoben hat.

Im Zentrum der Konflikte steht die grundsätzliche Frage, wo internationale Konzerne ihre Gewinne verbuchen sollen und dürfen. Im Falle Netflix wird die Sache dadurch verkompliziert, dass es Rechte an Filmen und Serien zentral für mehrere Länder einkauft. Teilweise produziert es die Titel auch selbst und filmt dabei nicht selten in mehreren Ländern. Das Ergebnis stellt das Unternehmen dann Abonnenten in zahlreichen anderen Ländern zur Verfügung. Das eröffnet Interpretationsspielraum, welche Umsätze aus einem Land wie mit Kosten in anderen Ländern gegenzurechnen sind, zumal Netflix nicht einzelne Titel vermietet, sondern pauschale Abogebühren für das gesamte Portfolio verrechnet und zusätzlich Werbeeinnahmen generiert. Auch Computerspiele sind Teil des Angebots.

Amsterdam ist Netflix' Zentrale für Europa, den Nahen Osten und Afrika. Etwa die Hälfte aller globalen Abonnementeinnahmen wird über diese Zweigstelle verbucht. Über 90 Prozent davon leitet das Unternehmen aber wieder zu Konzernschwestern in anderen Ländern weiter, was das niederländische Steuerfinanzamt nicht mit Humor nimmt.

Im Geschäftsjahr 2023 lag Netflix' weltweite Steuerquote nach eigenen Angaben bei 12,9 Prozent oder nicht ganz 800 Millionen US-Dollar. Die Niederlande haben eine Mindeststeuer für weltweite Gewinne von 15 Prozent eingeführt, die für US-Firmen aber erst ab 2026 gilt. Dennoch wollen die Steuerfahnder schon jetzt wissen, ob bislang alles mit rechten Dingen zugegangen ist.

Französische Abogebühren hat Netflix bis 2020 ebenfalls über Amsterdam verbucht, was wiederum dem französischen Finanzamt nicht zugesagt hat. 2021 hat Netflix die französischen Abos dann erstmals in Frankreich gemeldet. Damit explodierte der französische Umsatz von gut 47 Millionen Euro 2020 auf 1,2 Milliarden Euro 2021, weiß die Huffington Post. Dennoch hegen die Steuerfahnder den Verdacht, dass Netflix Frankreich weiterhin missbräuchliche Methoden zwecks Reduktion der Steuerlast eingesetzt haben könnte.

(ds)