Stolpe wirft Toll Collect gezielte Fehlinformationen vor

Bei Toll Collect reagierte man empört und bezeichnete den Vorwurf des Bundesverkehrsministers als "völlig absurd".

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Von
  • Detlef Borchers

Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe hat vor der heutigen Sitzung des Verkehrsausschusses dem Management von Toll Collect die Verbreitung von "gezielten Fehlinformationen" vorgeworfen. Praktisch läuft der von Stolpe nicht näher erläuterte Vorwurf darauf hinaus, dass die am deutschen Mautsystem beteiligten Firmen die Politik belogen haben. Entsprechend empört reagierte man bei Toll Collect und bezeichnete den Vorwurf als "völlig absurd".

Nach wie vor in der Schwebe ist das Verfahren, mit dem Vertreter der Parteien Einsicht in die Verträge zur LKW-Maut bekommen sollen. Nach Angaben aus dem Verkehrsministerium soll Toll Collect zwei Verfahren angeboten haben: entweder einen mündlichen Vortrag durch Toll Collect, bei dem keine Notizen angefertigt werden dürfen oder eine Einstufung als Geheimsache und Auslegung in einem so genannten Datenraum. In der Tagesschau der ARD nannte Reinhard Weis, verkehrspolitischer Sprecher der Koalitionsfraktion das Angebot "einen Affront gegenüber dem Parlament." Mit Blick auf den Hickhack über die Offenlegung forderte die Grünen-Abgeordnete Grietje Bettin ein Informationsfreiheitsgesetz, welches das Recht auf Akteneinsicht durch den Bürger festschreibt.

Die Offenlegung der Verträge zwischen Regierung und Toll Collect ist unter anderem strittig, weil die Frage möglicher Konventionalstrafen ungeklärt ist. Gestern abend hatte die ZDF-Sendung Frontal 21 über die Auswertung einer anonym zugeschickten Diskette berichtet, die angeblich einen Teil des strittigen Vertragswerk enthalten soll. Für das ZDF analysierte der Ausschreibungsspezialist Walter Potthast von der Düsseldorfer Kanzlei TaylorWessering die Unterlagen und kam zu dem Ergebnis, dass die ursprüngliche Vertragsstrafe für die Nichteinhaltung des Zeitplans sich auf 7,5 Millionen Euro pro Tag belief. Diese Summe sei bei der Vertragsunterzeichnung aus bisher ungeklärten Gründen auf 250.000 Euro pro Tag reduziert worden, ergab die Recherche des ZDF. Der ZDF-Bericht wurde heute morgen sowohl vom Verkehrsministerium wie von Toll Collect als "falsch" und "vollkommen fehlerhaft" zurückgewiesen.

Gesichert gilt bislang allein, dass die Schweizer Fela Management AG aus dem Kreis der Bieter um die LKW-Maut die hohe Vertragsstrafe torpedierte. Fela, die das Schweizer Mautsystem realisiert haben, bewarb sich seinerzeit im Konsortium mit Thyssen-Krupp um die deutsche LKW-Maut. Gegenüber heise online betonte Fela-Sprecher Kirchmeier: "Wir prüfen die Sachlage. Aber wir wollen nicht klagen, wir wollen die Maut." Fela hatte nach der Entscheidung für das Toll-Collect-System von den Schweizer Behörden den Auftrag erhalten, für die Grenz-Spediteure eine multifunktionale OBU zu entwickeln. Dieses Gerät sollte automatisch zwischen den sehr unterschiedlichen Mautsystemen in der D-A-CH-Region umschalten. Unter dem Namen Tripon EU-OBU 1 ist die Unit nach Auskunft von Fela seit Oktober 2002 fertig. Kernstück der Lösung ist ein Memory Manager, der zwischen dem einen oder anderen Abrechnungssystem startet und auch Platz für künftige europäische Maut-Systeme hat. Die OBU von Fela kann jedoch nicht ausgeliefert und in die Zugmaschinen eingebaut werden, denn seit zwölf Monaten wartet man bei Fela auf eine stabile, lauffähige Software aus Deutschland.

Die OBU von Fela steht im Mittelpunkt eines weiteren Aspektes, bei dem Toll Collect sich nicht als kooperativ erweist. Eine Firma namens Managed Order Control möchte die Box für eine europaweit einsetzbare Mautlösung vertreiben, bekommt nach eigenen Angaben jedoch keine Möglichkeit, das System in einem Zulassungsverfahren anzumelden. (Detlef Borchers) / (anw)