Strafanzeige gegen österreichische Mautfirma

Die Efkon AG liefert an die deutsche Toll Collect die Technik zur Kommunikation zwischen den LKW und den Mautkontrollbrücken; nun klagt sie über technische Ungereimtheiten beim österreichischen Maut-System eines Konkurrenten.

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Das österreichische LKW- und Autobus-Mautsystem ist offenbar mit einem technischen Problem konfrontiert, das bei etwa 20 Prozent der mautpflichtigen Fahrzeuge (über 3,5 Tonnen hochstzulässigem Gesamtgewicht) eine Erhebung der Gebühr unmöglich machen soll. Die im Ausschreibungsverfahren nicht zum Zug gekommene Efkon AG hat daher jetzt gegen das erfolgreiche Konsortium Europpass Strafanzeige erstattet und sieht den termingerechten Start am 1. Januar 2004 gefährdet. In der Anzeige wird der Verdacht geäußert, Europpass habe über die Probleme Bescheid gewusst, diese im Zuge der Bewerbung aber verschwiegen. Durch diese Täuschung habe sich das Unternehmen unrechtmäßig bereichert.

Die österreichische Maut wird auf Basis eines Transponder-Systems (Kommunikation über DSRC, Dedicated Short Range Communication, nach CEN TC278) abgerechnet. Hinter die Windschutzscheibe jedes LKW oder Autobus muss eine so genannte Go-Box installiert werden. Diese kommuniziert mit entsprechenden Gegenstellen entlang der Autobahnen. Sind die Scheiben des Fahrzeuges jedoch (zwecks Wärmedämmung) metallbeschichtet, wie es laut der erzürnten Efkon bei etwa jedem fünften LKW der Fall ist, funktionieren die Funkverbindungen nicht hinreichend. "Die Ausschreibung des Mautsystems sah seinerzeit ausdrücklich eine Nichtdiskriminierung vor und wäre somit ungültig und zu Wiederholen", meint Efkon. Immerhin würden 80 Prozent diskriminiert, wenn 20 Prozent der LKW gratis fahren könnten.

Europpass hat die Probleme eingestanden, will sie aber mit "Split-Go-Boxen" lösen. Bei diesen wird der Sender außen am KFZ befestigt. Laut Efkon hat "noch niemand diese ominösen Boxen gesehen". Bei der Hotline des Mautsystems werden besorgte Anrufer dahingehend informiert, dass "noch nicht alle Vertriebsstellen" die Split-Go-Box erhalten hätten, diese aber "sehr bald" beliefert würden. Die Verbindung zwischen Innenraum und externem Sender werde durch "ein dünnes Kabel" hergestellt, welches "durch jede Dichtung" geführt werden könne. Als Alternative wird das Bohren von (abzudichtenden) Löchern in die Karosserie angeboten.

Die österreichische Efkon AG liefert an das deutsche Maut-Konsortium Toll Collect die Technik zur Kommunikation zwischen den LKW und den Mautkontrollbrücken. Toll Collect ist durch die deutliche Verzögerung der Inbetriebnahme ins Kreuzfeuer der Kritik geraten, mehrfach wurde dabei das österreichische System als Positivbeispiel ins Spiel gebracht.

In seiner Aussendung reagiert Efkon-Chef Helmut Rieder nun mit einer Brandrede: "Wenn die Kinderkrankheiten überwunden sind, wird Deutschland das modernste und beste System der Welt haben. Mit dem österreichischen System würde man sich einen tödlichen Virus einfangen, unter dem Spediteure, Bund und Steuerzahler dramatisch leiden müssten. Ich finde es vorbildlich, dass deutsche Politiker den Pioniergeist zu zukunftsweisender, innovativer und modernster Technologie zeigen. Nach der erfolgreichen Inbetriebnahme der deutschen Maut im nächsten Jahr wird dieses System zu einem Exportschlager werden. Dies kann auch für die Wirtschaft belebend wirken. Die deutschen Autobahnnutzer werden in Zukunft auf ihr LKW-Mautsystem stolz sein können." Bleibt zu hoffen, dass diese hehren Absichten irgendwann auch einmal Realität werden -- bislang jedenfalls ist in Deutschland von dem Exportschlager noch nicht viel zu sehen, auch wenn die Hauptbeteiligten immer wieder Problemlösungen versprechen. So verwundert es denn eigentlich auch nicht, wenn sich die Schwierigkeiten auch in Auseinandersetzungen um das österreichische Mautsystem auswachsen. (Daniel AJ Sokolov) / (jk)