Streaming auf der privaten Fanmeile

Die Fußball-Europameisterschaft startet bald. Wir zeigen, wie Sie die Spiele der deutschen Mannschaft möglichst verzögerungsarm auf den großen Bildschirm holen.

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Eine Leinwand mit einem Fußballspiel hängt vor einer Außenwand in einem Garten.

Wenn die Nachbarn früher jubeln, nimmt das dem ein oder anderen den Spaß am EM-Spiel. Wir haben daher Verzögerungszeiten der Übertragung für Sie getestet.

(Bild: Fotomontage: c't/uk)

Update
Lesezeit: 6 Min.
Inhaltsverzeichnis

Ab 14. Juni rollt wieder der Ball, dann übertragen ARD und ZDF sämtliche Spiele der deutschen Mannschaft und die Halbfinals sowie das Finale im Free-TV. Die unverschlüsselten TV-Signale empfängt man klassisch per Kabel, Satellit oder Antenne, beispielsweise mit einem kompakten DVB-T2-Receiver. Außerdem kann man sie als IP-Datenstrom per App mit preiswerten Zuspielern wie einem HDMI-Stick streamen. Für den smarten Fernseher benötigt man keine externen Zuspieler, denn der hat die Tuner bereits eingebaut und hält auch diverse Streaming-Apps bereit. Wir haben uns die unterschiedlichen Empfangsmöglichkeiten für die private Fanmeile genauer angeschaut.

Update

Änderungen bei der Übertragungen der TV-Signale haben aktuell dazu geführt, dass sich der Kabel-TV-Empfang im Netz von Vodafone vor das Satellitensignal geschoben hat. Mehr dazu in Beitrag Kabel-TV-Nutzer jubeln beim Fußball zuerst. Dort finden Sie auch die aktualisierten Messergebnisse für die Übertragung im IPTV-Stream; hier gab es ebenfalls Änderungen.

Der schnellste Empfangsweg ist das Satellitensignal, das wir in unseren Messungen deshalb als Nullpunkt gewählt haben. Tatsächlich hängt auch das Sat-Signal der Realität rund sechs Sekunden hinterher, was man aber nur im Stadion selbst bemerken würde.

Einige Streaming-Dienste holen das Fernsehsignal erheblich verzögert auf den Schirm. Solche Latenzen sind gerade beim Private Public Viewing im Garten relevant: Wenn der Nachbar den Ball deutlich früher im Tor landen sieht, bleibt einem der Jubel schnell im Hals stecken. Wer den Empfangsweg ungeschickt wählt, jubelt bis zu 90 Sekunden später als die Nachbarn.

Für die Streaming-Apps entpacken die Anbieter den DVB-S-Datenstrom und kodieren das unkomprimierte Material neu. Dadurch benötigen sie geringere Bandbreiten als bei der Satellitenübertragung und können die Videoqualität zusätzlich an die aktuell vorhandene Transferrate anpassen, indem sie Auflösung oder Bildwiederholfrequenz des Videosignals reduzieren. Außerdem puffern sie das TV-Signal, um einen unterbrechungsfreien Stream sicherzustellen. Auf diese Weise können jedoch erhebliche Verzögerungen bis zur Bildausgabe entstehen.

Wir haben die Latenzen beim Streaming mit den Apps von Waipu.tv, Zattoo und Magenta TV sowie dem kostenlosen Joyn und den Mediatheken von ARD und ZDF ermittelt und sie mit den klassischen Empfangswegen per Satellit, Kabel und DVB-T2 verglichen. Die Apps installierten wir dazu auf einem Amazon FireTV-Stick, einem Apple TV, einem Waipu.tv-Stick, einem Android-Tablet und einem Windows-PC. Alle Geräte hingen bei den Messungen im selben WLAN. Zudem haben wir die Latenz von Magenta TV am stationären Media Receiver 401 geprüft.

Am dichtesten an unserem Nullpunkt Satellitenempfang war das von uns im hannoverschen Netz von Vodafone empfangene Kabel-TV-Signal. Das ist neu, in der Vergangenheit war DVB-T2 eindeutig schneller, im Spätsommer 2022 um etwa fünf Sekunden. Das terrestrische Signal liegt nun in der ARD mit Kabel-TV gleichauf, im ZDF war der Kabelempfang sogar eine gute Sekunde dichter am Sat-Signal. Da beide Empfangswege in beiden Free-TV-Sendern maximal 1,5 Sekunden hinter der Ausstrahlung des Satellitensignals bleiben, ist diese recht geringe Latenz verschmerzbar: Bis die Nachbarschaft jubelnd aufspringt und der Schall aus deren Gärten herüberschwappt, liegt der Ball meist auch am eigenen Fernseher im Tor.

In welchen Gebieten das terrestrische Signal ausgestrahlt wird, zeigt beispielsweise der Empfangscheck der Initiative DVB-T2 HD.

Euro 2024

(Bild: UEFA)

Apps wie „Euro 2024“ der UEFA halten Sie auf dem Laufenden und informieren, welche Spiele wann anstehen und wer sich wie qualifiziert hat. In der UEFA-App findet man außerdem Hintergrundinfos zu den EM-Mannschaften, zum Video-Schiedsrichterassistenten VAR oder zum EM-Song.

Deutlich anders sieht es bei den meisten IPTV-Streamingdiensten aus. Mit ihren eigenen TV-Apps hinken sie dem Satellitensignal 12 bis 23 Sekunden hinterher, die Joyn-App von ProsiebenSat1 ist mit Latenzen von rund 40 Sekunden für Live-Events unbrauchbar. Mit den Mediatheken-Apps kam man auch hier schneller zum Tor.

Die Latenzen am Android-Tablet und -Smartphone variierten mit der eingestellten Bildqualität und der Messdauer. Die Mobilgeräte puffern den Datenstrom ein weiteres Mal mehr oder weniger stark, um Geruckel zu vermeiden. Das macht sich schnell in höheren Latenzen bemerkbar.

Unterwegs Fußball gucken

Falls Sie es nicht rechtzeitig zum Anpfiff schaffen, verfolgen Sie Livestreams unterwegs über die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender ganz komfortabel per App oder im Browser am Mobilgerät. Die Videoqualität für den mobilen Zugriff sollten Sie dazu im Einstellungsmenü budgetschonend heruntersetzen. Beispielsweise die Telekom gewährt aber vielen Kunden unbegrenztes Datenvolumen als Sonderaktion während der EM.

Wer Beamer oder Großbildschirm vom Notebook mit Bildsignalen versorgt, fährt mit dem Livestream von ARD und ZDF im Browser am besten. Am flinksten konnten wir die TV-Signale mit den Mediathek-Apps von ARD und ZDF auf den Schirm holen. Damit dauerte es je nach Zuspieler zwei bis sechs Sekunden, die ZDF-Mediathek blieb meist unter vier Sekunden, nur am Android-Tablet war die Verzögerung etwas größer. Am Windows-PC fanden wir keine ARD-Mediatheken, der ARD-Livestream im Browser blieb dort nur zwei Sekunden hinter dem Satellitensignal.

Mit HDMI-Sticks wie Amazons FireTV kann man auch im Garten TV-Signale empfangen, ein stabiles WLAN vorausgesetzt.

(Bild: Amazon)

Die Latenzen mit den Streaming-Sticks ähneln sich, die Hardware spielt deshalb nur eine untergeordnete Rolle. Zumal die geringen Differenzen bei Verzögerungen von über zwölf Sekunden per Zattoo oder Waipu.tv unerheblich sind.

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Ausnahme ist hier der HDMI-Stick von Waipu, den das Unternehmen anlässlich der EM auf kürzere Latenzen getrimmt hat. Auf die Waipu-App in den anderen Geräten hatte das keine Auswirkung. Gegenüber c’t erklärte Waipu, dass man die Latenzen im ZDF rechtzeitig zum EM-Start ebenfalls reduzieren werde. Wir prüfen das zu gegebener Zeit nach und aktualisieren unsere Angaben entsprechend.

(Bild: c't)

Da auch RTL einige Spiele der EM überträgt, haben wir uns die Verzögerungen beim Streamen in der kostenlosen, aber anmeldepflichtigen RTL+-App näher angeschaut. Die Latenzen lagen dort durchweg im zweistelligen Sekundenbereich.

Wir haben sämtliche Latenzen zwei Wochen vor EM-Start gemessen, hier könnte sich also theoretisch bis zum 14. Juni noch etwas verändern. Das erwarten wir aber allenfalls beim Stick von Waipu.tv, nicht aber über die klassischen Empfangswege inklusive der Mediatheken. Um sicherzugehen, werden wir auch diese während der EM nachmessen. Über unsere Webseite halten wir Sie über etwaige Änderungen auf dem Laufenden.

(uk)