Streit über Hessens fehlerhafte Schulverwaltungssoftware

Im vergangenen Schuljahr wurde in Hessen eine neue Lehrer- und Schüler-Datenbank eingeführt, die Schulsekretärinnen offenbar zur Verzweiflung treiben kann. Darüber sind nun Meinungsverschiedenheiten entbrannt.

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Um die in Hessen erneuerte Schulverwaltungssoftware LUSD ist ein politischer Streit entbrannt. Die im vergangenen Schuljahr eingeführte, 20 Millionen Euro teure, Web-basierte Lehrer und Schülerdatenbank arbeitet fehlerhaft. Insbesondere beschweren sich Schulsekretärinnen über lange Wartezeiten. Die Software sei nicht einmal in der Lage, wie vorgesehen Zeugnisse auszugeben. Eine der nun zu klärenden Fragen lautet, wer die durch die Mehrarbeit fälligen Überstunden bezahlt. Der Hessische Rundfunk (hr) berichtete, einige Kommunen forderten einen Ausgleich für die Mehrarbeit ihrer Schulsekretärinnen. Es gehe dabei um zehntausende Überstunden.

Weitere Kritik richtet sich an die Vergabepraxis des hessischen Kultusministeriums. Juristen bemängelten laut hr, dass es für die Auftragsvergabe keinen Bieterwettbewerb gegeben habe. Das Ministerium berufe sich hingegen auf einen Rahmenvertrag zwischen dem Land und dem Software-Unternehmen CSC, der aber nur Leistungen im Wert von 6,4 Millionen Euro umfasse. Der Rahmenvertrag sei 2004 europaweit ausgeschrieben geworden. Zu der Vereinbarung gehören Einzelprojekte, die zur eGovernment-Initiative der Landesregierung gehören. Auch die LUSD sei 2006 von CSC geliefert worden. Nach europäischem Vergaberecht müssten Projekte mit einem Wert von über 200.000 Euro europaweit ausgeschrieben werden. Sollte Hessen dagegen verstoßen haben, könnte die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten.

Joachim Jacobi, Staatssekretär im Kultusministerium, räumte ein, ihm seien die LUSD-Probleme bekannt. Er sagte laut Mitteilung aber auch, dass es keine vernünftige Alternative zu LUSD gebe, "um den antiquierten Diskettenaustausch an 2000 Schulen abzulösen". Da die bisherigen Maßnahmen nicht den erhofften Erfolg hatten, werde das aktuelle System im Sommer 2008 durch eine Neuentwicklung abgelöst. Parallel dazu würden schrittweise Verbesserungen am laufenden System vorgenommen, um bis 2008 zumutbare Arbeitsbedingungen zu erreichen.

Die Grünen reagierten ungehalten auf die Probleme mit LUSD und die Bewältigungsbestrebungen der hessischen Landesregierung. Sie fordern eine Entlassung Jacobis, zusätzliches Personal für die Schulen und Honorierung der Mehrarbeit. Auch fordern die Grünen, dass darüber nachgedacht wird, auf ein zentrales System zu verzichten und stattdessen Möglichkeiten für ein dezentralisiertes System zu prüfen. Die SPD nannte die Forderung laut HNA online folgerichtig, die FDP lehnte sie dagegen ab, weil die Entlassung eines Staatssekretärs kurz vor der Landtagswahl zu teuer sei. (anw)