Streit um Belegschaftsabbau bei Fraunhofer im Zuge der GMD-Fusion

Rund 130 Mitarbeiter in der Verwaltung der Fraunhofer-Gesellschaft in Birlinghoven sind beunruhigt wegen der geplanten Umstrukturierung.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Die 2001 vollzogene Fusion des GMD-Forschungszentrums mit der Fraunhofer-Gesellschaft (FhG) wird in diesem Jahr noch ein personalpolitisches Nachspiel haben. Rund 130 Mitarbeiter in der Verwaltung der Fraunhofer-Gesellschaft in Birlinghoven sind beunruhigt wegen der geplanten Umstrukturierung. So sollen nach einem Beschluss des Fraunhofer-Vorstandes die Verwaltungs- und Infrastrukturabteilungen in Sankt Augustin nicht mehr länger auch für die ehemaligen GMD-Institute in Berlin und Darmstadt zuständig sein.

"Jetzt will der Vorstand die Verwaltung und Infrastruktur auf Fraunhofer-typische Verhältnisse zurückschneiden", sagte Bernd Hartkopf, Vorsitzender des Betriebsrates der FhG-Birlinghoven. Rund 70 Arbeitsplätze sollen wegfallen. Er schlägt deshalb vor, in Sankt Augustin ein Dienstleistungszentrum einzurichten, das die ehemaligen GMD-Institute und gegebenenfalls auch die FhG-Institute in Nordrhein-Westfalen betreut. Es soll auch Aufgaben, die an Fremdfirmen abgegeben wurden, übernehmen. "Wir setzen auf Insourcing statt Outsourcing", betont Hartkopf.

2001 wurde ein Interessensausgleich und Sozialplan verabschiedet, der bis Ende 2005 gültig ist. Demnach konnten Mitarbeiter mit Abfindung oder Altersteilzeit ausscheiden. Rund ein Fünftel der ehemaligen GMD-Stammbelegschaft in Birlinghoven ist seither gegangen. GMD-weit schieden über 160 Mitarbeiter aus, allein in Sankt Augustin sahen mehr als 110 Mitarbeiter für sich keine Zukunft mehr. "Das zeigt, wie die Mitarbeiter die Fusion aufgenommen und wie sie die Randbedingungen bewertet haben", sagte Hartkopf gegenüber heise online.

Sorgen macht Hartkopf zudem, dass nun offenbar das Anfang 2001 zwischen der Fraunhofer-Gesellschaft, dem Bundesforschungsministerium und dem nordrhein-westfälischen Landesforschungsministerium ausgehandelte Memorandum of Understanding über die Rahmenbedingungen der Fusion keinen Bestand mehr hat. So wurde vereinbart, dass bis 2005 die Anzahl der Arbeitsplätze von etwa 700 nicht unterschritten werden darf. Nach einer Untersuchung des Betriebsrats sind jetzt aber nur noch 603 Stammarbeitsplätze vorhanden. Nach Angaben der nordrhein-westfälischen Landesregierung (PDF) sind aber immer noch über 700 Arbeitsplätze vorhanden -- dabei sind jedoch Doktoranden, Auszubildende sowie 40 Arbeitsplätze einer ehemaligen GMD-Betriebseinheit, die aber inzwischen an das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ausgelagert wurde, miteinbezogen. "Es ist nicht richtig, Doktoranden und Auszubildende mitzurechnen", widerspricht Hartkopf. "Auch darf man nach dem Memorandum of Understanding keine ausgelagerten Arbeitsplätze mitrechnen."

Die Landesregierung verwies allerdings auch darauf, dass sich zwei wissenschaftliche Arbeitsgruppen nach der Wegberufung der Professoren weitgehend aufgelöst haben. So wurde Bioinformatik-Experte Thomas Lengauer an das Saarbrücker Max-Planck-Institut berufen. John McCaskill, der die Arbeitsgruppe für biomolekulare Informationsverarbeitung leitete, ging an die Ruhr-Universität Bochum. Etwa 20 Arbeitsplätze gingen so verloren. Nicht erwähnt wurde, dass beide Professoren gingen, weil sich die Bedingungen für die von ihnen betriebene Grundlagenforschung enorm verschlechtert hätten. So habe die Fraunhofer-Gesellschaft Vorschläge verlangt, wie industrielle Fremdmitteln einzuwerben seien -- dies in einer Phase, in der aufgrund der Konjunkturkrise industrielle Aufträge reihenweise wegbrachen. (Christiane Schulzki-Haddouti) / (anw)