Streit um pauschale Urheberrechtsabgaben für Privatkopien eskaliert

Der Bitkom hat Verwertungsgesellschaften Panikmache kurz vor der Stellungnahme des Bundesrats zur Urheberrechtsnovelle vorgeworfen, während der Kulturrat gegen die "Geiz ist geil"-Strategie des Computerhandels wettert.

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Kurz vor der Abstimmung der Länderchefs über die Stellungnahme des Bundesrats zum heftig umstrittenen Entwurf der Bundesregierung zur zweiten Stufe der Urheberrechtsreform am morgigen Freitag hat sich der Streit um die Vergütungspauschale fürs private Kopieren noch einmal zugespitzt. "Die Panik- und Stimmungsmache der Verwertungsgesellschaften entbehrt jeder seriösen Grundlage", empört sich Jörg Menno Harms, Vizepräsident beim IT-Branchenverband Bitkom. Insbesondere Behauptungen der Verwertungsgesellschaften, die Urheber würden "enteignet", seien "irreführend und falsch".

Zuvor hatten die GEMA und ver.di die Länderkammer aufgefordert, die "die urheberfeindlichen Regelungen" im Novellierungsvorschlag des Bundeskabinetts zurückzuweisen. Die beiden Einrichtungen sind Teil eines umfassenden Aktionsbündnisses "Urheber und Verlage" gegen die geplante Neufassung der Urheberrechtsabgabe.

Nach Berechnungen des Bitkom werden abgabepflichtige Gerätearten und steigende Absatzzahlen bei alten Gerätetypen auch bei der Verabschiedung des Gesetzesvorschlags zu einer "mindestens stabilen Gesamtvergütung" führen. Derzeit erhalten die Verwertungsgesellschaften rund 100 Millionen Euro pro Jahr allein für Kopierer, Scanner, Faxgeräte, Brenner sowie Ton- und Bildaufzeichungsgeräte. Hinzu kommen zusätzlich rund 77 Millionen Euro für Speichermedien wie DVD-Rohlinge. Bei der Hochrechnung mit einer von der Regierung als noch wirtschaftlich angemessen angesehenen Abgabenhöhe, die fünf Prozent des jeweiligen Gerätepreises entspricht, ergibt sich anhand der 2005 verkauften Gerätezahlen laut der Industrielobby eine Abgabensumme von 106 Millionen Euro. Hinzu könnten Abgaben für Multifunktionsgeräte in Höhe von rund 25 Millionen Euro kommen. Um die Vergütungshöhe der Tausendsassas wird derzeit vor Gericht gestritten. Dass sie grundsätzlich abgabepflichtig sind, wird laut Bitkom jedoch allgemein akzeptiert.

Zudem geht die Regierung in der Gesetzesbegründung angesichts einschlägiger Gerichtsentscheidungen davon aus, dass auch PCs und Drucker zusätzlich abgabepflichtig werden. Das künftige Gesamtvolumen der Vergütungspauschalen könnte demnach sogar 595 Millionen Euro pro Jahr betragen, sorgt sich der Bitkom "Wer behauptet, der aktuelle Gesetzentwurf würde zu sinkenden Abgaben führen, hat entweder Probleme mit den Grundrechenarten oder informiert bewusst falsch", greift Harms die Mitglieder des Aktionsbündnisses daher an. "Maßlosen Abgabenforderungen" würden letztlich nur zur Umgehung der Abgaben durch Online-Käufe und zu Grauimporten aus dem Ausland verleiten, wo es in der Regel keine oder niedrigere Abgaben gebe. Der Verband plädiert generell für einen Systemwechsel, bei dem Vergütungen mit Hilfe von Systemen zum digitalen Rechtekontrollmanagement (DRM) individuell abgerechnet werden.

Dem Aktionsbündnis missfällt dagegen insbesondere, dass die Pauschalen künftig nicht mehr durch den Gesetzgeber festgelegt und die Summe der Vergütungsansprüche aller Berechtigten für einen Gerätetyp fünf Prozent des Verkaufspreises nicht übersteigen soll. Ausschüsse des Bundesrates haben sich in ihren Empfehlungen für die Position der Länderkammer den Ängsten der Urhebervertreter größtenteils angeschlossen. Eine Vorsondierung im Bundesrat am gestrigen Mittwoch hat aber ergeben, dass sich nicht für alle Vorschläge der Fachreferenten eine Mehrheit im Plenum finden lassen dürfte.

Der Deutsche Kulturrat hat derweil an die Länderchefs appelliert, tatsächlich vor allem die Streichung der Fünf-Prozent-Deckelung zu verlangen. Damit wäre "schon einiges gewonnen", betonte Geschäftsführer Olaf Zimmermann. Sauer stößt ihm aber noch auf, dass auch der Bundesrat an einer Bestimmung festhalten will, wonach die Vergütungsabgabe die Computerindustrie nicht zu sehr belasten soll. Angesichts stetig sinkender Preise für Computer und Speichermedien wären damit die Urheber die Leidtragenden einer Preisspirale nach unten. "Der Wert ihres geistigen Eigentums darf nicht in Abhängigkeit des Preiskampfs von Einzelhandelsketten stehen", fordert Zimmermann. "Wenn der Computerhandel Geiz geil findet, dann soll er auch selbst die Zeche dafür bezahlen."

Zu den Diskussionen um das geistige Eigentum, zu den juristischen Streitigkeiten um das Urheberrecht und zur Novellierung des deutschen Urheberrechtsgesetzes siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den Gesetzesentwürfen und -texten):

(Stefan Krempl) / (jk)