Strom: EU-Mitgliedsstaaten streben europäisches Supernetz an

In einer gemeinsamen Erklärung gehen die EU-Mitgliedsländer auf die Herausforderungen für das Stromnetz durch Erneuerbare Energien ein.

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Strommasten

Strommasten in Bremen.

(Bild: heise online / anw)

Lesezeit: 3 Min.

Die Klimapolitik der EU und die damit verbundene Energiewende geht zwingend einher mit einem Aus- und Umbau der Stromnetze. Dafür sei eine langfristige und koordinierte Planung der Stromnetze auf europäischer Eben nötig, insbesondere angesichts der wachsenden Gefahr der Netzüberlastung, schreiben die EU-Mitgliedsstaaten in einem Dokument mit Ratsschlussfolgerungen. Sie fordern die EU-Kommission auf, dafür zu sorgen, dass die Netzplanung mit den Klima- und Energiezielen der EU übereinstimmt und Lücken schließt. Der gesamte Planung- und Entwicklungsprozess müsse transparenter und besser rückverfolgbar sein, heißt es in dem Dokument (PDF).

Darin sprechen die EU-Länder nicht nur die physische Sicherheit der Stromversorgung, sondern auch die Herausforderungen durch Risiken für die Cybersicherheit, die seit dem Jahr 2022 durch "neue Bedrohungen" entstanden seien. Damit meinen sie den Überfall Russlands auf die Ukraine im Februar des Jahres. Auf allen Ebenen müsse die Widerstandsfähigkeit des Netzes gegenüber hybriden Bedrohungen der kritischen Infrastruktur gestärkt werden. Die Europäische Investitionsbank müsse dies mit Finanzierungen unterstützen. Dabei sollten die Mitgliedsländer an den östlichen Außengrenzen der EU besonders berücksichtigt werden.

Das deutsche Bundeswirtschaftsministerium betont, die EU-Mitgliedstaaten seien sich einig, stärker europäisch koordiniert zu planen und die Stromnetzinfrastruktur beschleunigt zu finanzieren und auszubauen. Um günstige Energiepreise zu bekommen, müssten die erneuerbaren Energien schneller ausgebaut, die Stromnachfrage flexibilisiert und die Stromnetze europaweit ambitioniert ausgebaut werden, wie es Staatssekretär Sven Giegold ausdrückt. "Nur durch den Ausbau der Netze können wir sicherstellen, dass günstige Windenergie aus der Nord- und Ostsee und preiswerte Solarenergie aus Südeuropa bei der europäischen Industrie und den europäischen Haushalten ankommt", erläuterte Giegold.

Allein in Deutschland hat sich in den jüngsten Jahren die Stromerzeugung räumlich stark verlagert. Bisher seien Kraftwerke verbrauchsnah gebaut worden, mit mehr erneuerbaren Energien fielen Stromerzeugung und -verbrauch geographisch immer mehr auseinander. Dadurch werden zusätzliche Übertragungs- und Verteilungskapazitäten notwendig, erläutert das Umweltbundesamt. Der Strom floss bisher vom großen, zentralen Erzeuger auf viele dezentrale Verbraucherinnen und Verbraucher. Für die nun anfallenden Leistungstransite und Rückspeisungen aus den Verteilungsnetzen ins Übertragungsnetz ist das Stromnetz bislang nicht ausreichend angepasst. In einigen Regionen kann nicht zu jeder Zeit der Strom aus erneuerbaren Energien vollständig abgenommen und übertragen werden. In den Verteilungsnetzen nehmen Situationen zu, in denen die Spannungsgrenzwerte überschritten werden.

Die Netzplanung auf europäischer Ebene müsse kombiniert werden mit den jeweiligen nationalen Planungen und auch mit jenen auf regionalen Ebenen, fordern nun die EU-Mitgliedsstaaten. Neben beschleunigten Genehmigungsverfahren gehöre dazu auch die Standardisierung der Strominfrastruktur. Mithilfe eines "Supernetzes" könnten nicht nur erneuerbare Energien besser einbezogen, sondern auch die Elektrifizierung unterstützt und die Preise stabilisiert werden.

"Schlussfolgerungen" des Europäischen Rats sind keine Rechtsakte, sie haben wie Entschließungen und Erklärungen keine Rechtswirkung. Der Rat nutzt solche Dokumente, um einen politischen Standpunkt festzuhalten.

(anw)