Strom vom Nachbarn: Energie-Agentur fordert klare Regeln für "Energy Sharing"

Windenergie aus dem nahegelegenen Windpark oder Solarstrom von Dächern nebenan: Die Dena stellt Modelle fürs Teilen von Stromquellen vor.

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Windräder in Ost-Holstein.

Windräder in Ost-Holstein.

(Bild: heise online / anw)

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Die Deutsche Energie-Agentur (Dena) hat Umsetzungsmodelle für das "Energy Sharing" vorgestellt. Dabei geht es um den abgestimmten Verbrauch von Strom, der in räumlicher Nähe gemeinschaftlich erzeugt wird und das öffentliche Netz nutzt.

In ihrer Analyse schreiben Mitarbeiter der Dena, Experten der Beratungsfirma B.A.U.M. und des Instituts für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT), prinzipiell gälten die Beteiligten nach wie vor als Stromlieferanten mit entsprechenden Auflagen. "Energy Sharing Communities" (ESC) könnten vorangebracht werden, indem ihre Mitglieder ihren nicht genutzten Strom einem zentralen Lieferanten anbieten, der alle Verbraucher versorgt. Alternativ könnten ESC selbst oder Vermittler den Strom vertreiben. Künftig seien Netzwerke denkbar, in denen innerhalb von ESC energie- und handelsrechtliche Lieferbeziehungen zwischen dezentralen Erzeugern, "Prosumern" und Verbrauchern ohne zwischengeschaltete Energieversorger bestehen.

Durch den erzeugungsnahen Verbrauch oder das zusätzliche Angebot der Vorteile eines flexiblen Strommarkts könnten "Energy Sharing Communities" (ESC) zur Netzentlastung beitragen, schreibt die Dena. Gesetzliche Basis dafür in der EU ist die voriges Jahr novellierte Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie, die "aktive Kunden" einführt und die Lieferantenpflichten vereinfacht. So gibt es etwa in Österreich – ähnlich wie in Dänemark und Italien – bereits Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften, die lokal begrenzt sind und sich innerhalb eines bestimmten Netzgebiets befinden müssen. Sie dürfen auch erneuerbare Wärme und Gas handeln.

Auch in Deutschland sind ESC-Modelle bereits möglich. Dafür gibt es weitergehende Vorschläge, die sich durch die angesetzten Kriterien für die Stromherkunft, Bilanzierungszeiträume, den räumlichen Zuschnitt, die Teilnehmer und deren Versorgungsausmaß sowie monetären Anreize unterscheiden. Die reformierte EU-Richtlinie will das Bundeswirtschaftsministerium mit einem zweiten Solarpaket umsetzen. Einen ersten Schritt in Richtung ESC stellt die mit dem Vorläufer eingeführte gemeinschaftliche Gebäudeversorgung dar, durch die in Deutschland erstmals die Belieferung von Endkunden ohne Erfüllung vollständiger Lieferantenpflichten möglich geworden ist.

Die Dena fordert einen praktikablen Rechtsrahmen, um das von der EU geschaffene Recht schnell mit Leben zu erfüllen. Nötig seien ein geregelter Umgang mit energiebezogenen Daten und eine sichere digitale Infrastruktur. Mit intelligenten Stromzählern und zugehörigen Gateways werde dafür hierzulande momentan der Startpunkt für die Datenerfassung geschaffen. Digitale Messgeräte seien die Voraussetzung für eine Abrechnung nach variablem Tarif und den optimierten Einsatz von Energieanlagen, die damit auch automatisiert gesteuert werden könnten.

Energieversorger könnten laut Dena von neuen Geschäftsmodellen profitieren und eine wichtige Rolle bei der Umsetzung von Energy Sharing spielen. Dies zeige das mit den Stadtwerken Wunsiedel aufgezogene Pilotprojekt Wunergy bereits in der Praxis.

(anw)