Drohnen inspizieren automatisch Schäden in überirdischen Stromleitungen

Schäden an überirdischen Stromleitungen können Drohnen feststellen. Das klappt weitgehend automatisch.

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Testfeld in Chattagoona, Tenesse für das Droheninspektionssystem aus der Luft.

Eine Inspektionsdrohne liefert ein Kamerabild des Testgeländes für das Stromleitungsinspektionssystem des Oak Ridge National Laboratory.

(Bild: Jason Richards / ORNL, U.S. Dept. of Energy)

Lesezeit: 3 Min.

Wissenschaftler des Oak Ridge National Laboratory (ORNL) des US-Energieministeriums haben zusammen mit dem US-Stromversorgungsunternehmen ETB ein automatisiertes Inspektionssystem für überirdische Stromleitungen durch Drohnen entwickelt. Sensoren in den Stromleitungen und Transformatoren nehmen dabei Abweichungen im Stromnetz wahr und senden die Informationen an das Drohnensystem. Inspektionsdrohnen heben dann automatisiert zu einem Kontrollflug ab und fordern gegebenenfalls ein Wartungs-Team zur Reparatur an.

Das Forschungsteam nutzt in dem Gemeinschaftsprojekt "Autonomous Intelligent Measurement Sensors and Systems" (AIMS) handelsübliche Drohnen, Sensoren und Software. Hinzu kommen Techniken, Algorithmen und automatisierte Protokolle, die vom ORNL speziell für das System entwickelt wurden. Die weitgehende Nutzung kommerzieller Technik sei nötig, um die Kosten für ein solch automatisiertes Drohneninspektionssystem niedrig zu halten, heißt es vom ORNL und ETB.

Ganz ohne Eigenentwicklungen kommt das System aber nicht aus: Die Forscher mussten etwa eine spezielle Ultraviolettkamera entwickeln. Kommerzielle Systeme wären mit einem Gewicht von etwa 4,5 kg zu schwer gewesen und hätten 25.000 US-Dollar gekostet. Die Forscher konnten mit einer Kamera-Eigenentwicklung das Gewicht auf rund 450 g und die Kosten auf 250 Dollar drücken, sodass die Kamera in einer Drohne kostengünstig untergebracht werden konnte.

Das Kontrollsystem beginnt mit einer dauerhaften Überwachung von Spannung und Strom in den Stromleitungen sowie den Transformatoren. Solche Sensoren sind im gesamten Netz untergebracht und senden ihre Daten kontinuierlich an das zentrale Managementsystem des Stromversorgungsunternehmens. Dieses vergleicht die gelieferten Spannungs- und Stromwerte mit den Wellenformen in der Grid Event Signature Library, in dem Informationen zu Netzdaten abgespeichert sind. Bei Unregelmäßigkeiten kann eine Aufklärungsdrohne eines Umspannwerkes losgeschickt werden, um einen eventuellen Schaden festzustellen. Die Lokalisierung erfolgt über GPS-Informationen zum Schadensort, die an die Drohne übermittelt werden. Dabei entscheidet das System selbstständig, welche Drohne dem potenziellen Schadensort am nächsten ist und über genügend Akkukapazität für den Inspektionsflug verfügt.

Die Drohne fliegt dann autonom an den möglichen Schadensort und sammelt mit einem Hochfrequenzsensor, visuellen Kameras sowie Infrarotkameras und einem Schalldetektor Daten. So können etwa visuell Lichtbögen erfasst und mit einem Algorithmus erkannt und ausgewertet werden. Die Messwerte übermittelt die Drohne in Echtzeit über mobile Netzwerke an ein Bodenkontrollsystem. Je nach Datenlage schickt es automatisiert weitere Drohnen, die über spezielle Inspektionsfähigkeiten verfügen, dorthin – in Abhängigkeit davon, welche weiterführenden Messungen nötig sind. Je nach Schadenslage wird dann ein Reparatur-Team vor Ort geschickt.

Das System erlaubt es, dass die automatischen Entscheidungen zu den Inspektionen jederzeit von menschlichem Personal übersteuert werden können. So lassen sich die Drohnen etwa sofort zu einer Landung zwingen und vorzeitig zurück zu einer Ladestation schicken.

In einem Testaufbau an der Schulungseinrichtung des Stromnetzbetreibers ETB in Chattanooga im US-Bundesstaat Tennessee haben die Forscher das System bereits ausprobiert und gute Ergebnisse erzielt. ETB ist deshalb daran interessiert, das Drohneninspektionssystem für Routine- und Notfallinspektionen etwa nach Stürmen einzusetzen. Die Drohnen könnten nach Stürmen die gröbsten Sturmschäden schnell lokalisieren und die Wiederherstellung des Stromnetzes beschleunigen. Die größten 20 von 100 Umspannwerken von ETB sollen zu Beginn mit der Technik ausgerüstet werden, um einen ersten Teil des rund 1550 Quadratkilometer großen Versorgungsgebiets überwachen zu können. Das Unternehmen geht davon aus, dass sich dadurch hohe Inspektionskosten einsparen lassen.

(olb)