Studie: Deutsche würden für ein paar Tausender Passwörter verkaufen

Der TÜV Rheinland und die Uni St. Gallen haben untersucht, unter welchen Bedingungen Verbraucher hierzulande persönliche Daten weitergeben.

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Studie: Deutsche würden für ein paar Tausender Passwörter verkaufen

(Bild: M.Moira / Shutterstock.com)

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Deutsche Konsumenten messen dem Datenschutz zwar prinzipiell große Bedeutung zu. Zugleich sind viele aber auch bereit, teils sensible persönliche Informationen für relativ geringe Summen zu verscherbeln. Dies geht aus den jetzt publizierten Ergebnissen einer sechsteiligen Studienreihe zum Datenteilen hervor, die das Institut für Customer Insight (ICI) der Universität St. Gallen zwischen Herbst 2019 und Sommer 2020 im Auftrag des TÜV Rheinland durchgeführt hat.

Die Forscher setzten im Rahmen ihrer Untersuchungen auf eine Online-Umfrage, zusätzliche qualitative Interviews und Experimente im Labor sowie im Internet. Als zentrales Resultat halten sie fest: Zwar messen die hiesigen Verbraucher dem Datenschutz eine große Bedeutung zu. In der Online-Befragung mit 500 Teilnehmenden landete das Grundrecht auf einer Skala von 1 bis 7 beim hohen Wert von 6,17.

Andererseits ist mehr als 80 Prozent der Befragten bewusst, dass Daten aus von ihnen genutzten vernetzten Produkten wie Smartphones oder intelligenten Kühlschränken unter anderem an die Hersteller übertragen werden. Gefragt nach dem Wert ihrer Daten, würden die Teilnehmer personenbezogene Daten ihres smarten Geräts zudem für nur zehn Euro monatlich mit dem Produzenten teilen.

In allen Studienformen zeigt sich laut den Partnern, dass Verbraucher bei der Bereitschaft, Daten an bestimmte Gruppen von Dritten weiterzugeben, zwischen den Arten und Kategorien der Messwerte unterscheiden. Besonders gering – aber dennoch vorhanden – sei die Neigung bei Passwörtern und Login-Kennungen. Deutlich weniger Bedenken hätten die Teilnehmer dagegen bei Daten zum Nutzungsverhalten von Medien und Apps.

Im Laborexperiment hakten die Wissenschaftler mit finanziellen Ködern nach. Die Zahl der Teilnehmer war hier mit 76 überschaubar. Davon gaben 65 Prozent an, ihre Verbindungsdaten für 150 Euro pro Jahr verkaufen zu wollen. 90 Prozent sind ihre genutzten "Drahtlosverbindungen" etwa über WLAN ebenfalls nur diese recht geringe Summe wert.

44 Prozent der Probanden zeigten sich bereit, Mediendateien wie Fotos und Videos für 1000 Euro jährlich zu veräußern. Den gleichen Preis würden 29 Prozent für Inhaltsdaten in Form von Nachrichten aufrufen, die sie etwa per E-Mail oder Messenger verschickt haben. Für 3500 Euro pro Jahr wollten 30 Prozent sogar Passwörter und Login-Daten verkaufen.

ICI-Direktor Andreas Herrmann sieht in dem widersprüchlichen Verhalten einen deutlichen Hinweis auf das "Privacy Paradoxon". Darunter versteht die Wissenschaft die Erkenntnis, dass Menschen persönliche Informationen teilen, obwohl sie sich gleichzeitig große Sorgen um ihre Privatsphäre machen. Darauf verweist dem Professor zufolge auch der Befund, dass mehr als ein Drittel der befragten Fahrzeugbesitzer (35,6 Prozent) ihr Auto nicht als "Connected Car" sähen, obwohl nahezu sämtliche Kfz-Modelle bereits seit vielen Jahren Daten austauschten. Ein Treuhändermodell könnte laut Herrmann den Verbrauchern helfen, den Wert ihrer persönlichen Daten besser zu erkennen und "auch angemessen an der Nutzung beteiligt zu werden".

(axk)