Studie: Hohes Wachstumspotenzial bei mobilen Geschäftsanwendungen

Eine Standortanalyse zu "Mobile Business" beschreibt Chancen und Hürden komplexer Unternehmenslösungen mit Hilfe mobiler Endgeräte. Als Hemmnisse gelten der Installationsaufwand, mangelnde Nutzerfreundlichkeit und Roaming-Gebühren.

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Komplexe Geschäftsanwendungen, die mit Hilfe mobiler Endgeräte umgesetzt werden, sind hierzulande noch wenig verbreitet. Das Wachstumspotenzial in diesem Bereich ist aber in absehbarer Zeit sehr groß. Das sind die Kernergebnisse der rund 160-seitigen Studie 'Nachfragestrukturen und Entwicklungspotenziale von "Mobile Business"-Lösungen im Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU)', die Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums und Forscher am heutigen Donnerstag in Berlin vorgestellt haben. Die Standortanalyse, die auf einer repräsentativen Befragung von über 1200 überwiegend mittelständischen Firmen beruht, beschreibt Chancen und Hürden neuer Unternehmensanwendungen, die über Laptops, Smartphones oder Tablet-Rechner wie das iPad erschlossen werden können.

Der Markt steht laut Karl-Heinz Neumann, Geschäftsführer der WIK-Consult GmbH, "kurz vor einer relevanten Bewegung". Das von ihm geleitete Beratungshaus hat die Untersuchung im Rahmen der Begleitforschung zum Projekt SimoBIT (Sichere Anwendung der mobilen Informationstechnik zur Wertschöpfungssteigerung in Wirtschaft und Verwaltung) durchgeführt, das vom Wirtschaftsministerium mit etwa 30 Millionen Euro bis Ende 2010 gefördert wird. Neumann zufolge werden "mobile Standarddienste" und etwas aufwendigere Anwendungen wie mobile Textverarbeitung oder der Zugriff auf Unternehmensdaten aus der Ferne von den befragten Firmen bereits gut angenommen. Anspruchsvollere Lösungen seien aber "noch kaum verbreitet". Zugleich sähen 70 Prozent aber bei sich selbst einen Bedarf für solche Anwendungen. 56 Prozent dächten an ihre Einführung in den nächsten zwei Jahren.

Als noch vielfach genannte Hindernisse führte Neumann einen vergleichsweise hohen Installationsaufwand, dadurch kurzfristig ausgelöste Kostensteigerungen sowie Klagen über mangelnde Bedienbarkeit und Nutzerfreundlichkeit von "Mobile Business"-Diensten an. Dazu komme, dass die Standardkonfigurationen der Endgeräte nicht ausreiche und sich die Anwender ihre Lösungen letztlich ­ teils mit Unterstützung von IT-Dienstleistern ­ selbst bauen müssten. Anders könnten sie ihre Geschäftsprozesse nicht darin abbilden. Auch die Kosten für das internationale Roaming bei Datendiensten seien "noch entwicklungsfähig". Netzbetreiber hätten damit den Erfolgsschlüssel für entsprechende Anwendungen "ein Stück weit selbst in der Hand". Der parlamentarische Wirtschaftsstaatssekretär Hans-Joachim Otto (FDP) räumte ein, dass die Daten-Roamingpreise noch "überdurchschnittlich hoch" seien. Er hoffe aber, dass sie der Wettbewerb unter den Anbietern drücken werde und harte Regulierungsschritte nicht erforderlich seien.

Als Hauptmotive für die Hinwendung zu mobilen Geschäftslösungen bezeichnete der Berater erhoffte Zuwächse an Flexibilität, die Steigerung von Informationsqualität und -verfügbarkeit sowie Verbesserungen bei der Servicequalität. Interne Prozessoptimierungen spielten ebenfalls eine wichtige Rolle. Zudem seien die Einsparmöglichkeiten groß. So hätten Unternehmen, die bereits mobile Geschäftsanwendungen implementierten, ihre operativen Kosten um bis zu 50 Prozent reduzieren können. Das Marktvolumen für Software-Lösungen und Dienstleistungen rund um Mobile Business schätzt Neumann in naher Zukunft auf 1 Milliarde Euro. Rechne man die Entwicklung neuer Endgeräte und die durch das Datenverkehrsvolumen generierten Umsätze hinzu, käme man auf einen Multimilliardenmarkt.

Als Hemmnis vor allem aus Sicht der Lösungsanbieter beschrieb der Forscher Bedenken bei der IT-Sicherheit. Die Unternehmen drängten hier auf eine geschützte Kommunikation, was die Kosten in die Höhe treibe und die Nutzbarkeit einschränke. Trotzdem gelte es, den Kenntnisstand der Anwender über die Notwendigkeit von Sicherheitslösungen in Zeiten wachsender Internetkriminalität und zunehmender Spionage durch Konkurrenten zu verbessern. Dieses Ziel spiele bei SimoBIT in allen Konzepten eine entscheidende Rolle.

Im internationalen Vergleich sehen sich die deutschen Anbieter laut Neumann "gut aufgestellt", auch wenn Länder wie USA, Japan, Finnland oder Österreich schon weiter seien. Als Problemfeld gelte nach wie vor die öffentliche Verwaltung. Auch hier witterten die Lösungsentwickler zwar großes Potenzial. Sie rechneten aber nicht mit den nötigen "Anreizen, dieses bald heben zu können". Otto sprach bei der Akzeptanz von E-Government bei der öffentlichen Hand von einem "leidvollen Thema". Noch sei die Mentalität einiger Angestellter und Beamter nicht auf verstärkte Interaktion mit den Bürgern ausgerichet. Teil von SimoBIT sind aber auch Verwaltungsprojekte etwa zur Digitalisierung von Gebäuden, um der Feuerwehr bessere Eingriffsmöglichkeiten zu geben, oder zum Anlegen vernetzter Datenbanken über Schlaglöcher in Straßen.

Dieter Schweer aus der Geschäftsführung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) machte Mobile Business als "Megatrend zusammen mit Cloud Computing und Sicherheit" aus. In der Energiewirtschaft etwa stehe eine Verbindung zwischen intelligenten Netzen und Mobilfunk an. Strompreise würden künftig stark variieren zu unterschiedlichen Tageszeiten. Firmen könnten da Kosten sparen, "wenn sie ihre Maschinen übers Handy steuern und ihren Strombedarf sauber einordnen". Im Verkehrssektor seien einschlägige Lösungen wichtig zur Unterstützung der E-Mobilität bis hin zur breitbandigen Versorgung mit Echtzeitinformationen etwa zur Parkplatzsituation. (jo)