Studie: KI übertrifft Ärzte bei der Erkennung früher Brustkrebs-Anzeichen

Der britische öffentliche Gesundheitsdienst hat erfolgreich das KI-gestützte Brustkrebs-Screening-System Mia getestet. Gerade im Frühstadium sei es hilfreich.

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(Bild: Kheiron Medical Technologies)

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Ein System zum Erkennen von Brustkrebs mit Künstlicher Intelligenz (KI) namens Mia hat Ärzten dabei geholfen, zusätzlich 12 Prozent mehr Tumore zu finden als in der Routinepraxis von Radiologen. Dies teilten die Partner eines Pilotprojekts mit 10.889 Patientinnen mit, zu denen neben dem Mia-Entwickler Kheiron Medical Technologies, der britische National Health Service (NHS), die Universität Aberdeen und Microsoft gehören. Die Technik im öffentlichen Gesundheitswesen Großbritanniens einzusetzen, könne "zu besseren Ergebnissen für Tausende von Frauen" führen. Die Arbeitsbelastung für beteiligte Ärzte soll damit zudem um bis zu 30 Prozent gesunken sein.

Allein im Vereinigten Königreich werden jedes Jahr mehr als 2 Millionen Frauen auf Brustkrebs untersucht. Solche Erkrankungen sind aber teilweise nur schwierig zu erkennen. Ungefähr 20 Prozent der Frauen mit Brustkrebs haben Tumore, die vom Mammografie-Screening übersehen werden. Daher schreiben viele Länder vor, dass zwei Radiologen jedes Röntgenbild untersuchen sollten. Die meisten der für die Studie Untersuchten waren krebsfrei. Mia identifizierte aber alle Personen mit Symptomen erfolgreich. Zudem machte das Tool laut der BBC auf weitere 11 Personen mit Anzeichen für Brustkrebs im Anfangsstadium aus, die die Radiologen nicht bemerkt hatten.

Die frühe Erkennung kann Leben retten: Brustkrebspatientinnen mit Tumoren, die zum Zeitpunkt der Entdeckung kleiner als 15 Millimeter sind, haben Experten zufolge in den folgenden fünf Jahren eine Überlebensrate von 95 Prozent. Die Auswertung des Mia-Tests ergab laut Projektteilnehmern auch keinen Anstieg der Zahl der Frauen, die aufgrund falsch-positiver Ergebnisse unnötigerweise zu weiteren Untersuchungen einbestellt wurden. Dabei werden Gewebeveränderungen fälschlicherweise als Tumore eingestuft. Auch die Zeit, die für die Benachrichtigung von Patientinnen benötigt werde, könne von 14 auf nur 3 Tage verkürzt werden, freute sich Gerald Lip vom NHS. Dies könne "Stress und Ängste" der Betroffenen erheblich verringern.

Eine Studienteilnehmerin, eine erste, deren Krebs von Mia entdeckt wurde, schilderte: "Mein Tumor war so klein, dass die Ärzte sagten, das menschliche Auge hätte ihn nicht erkennen können." Sie habe jetzt eine viel bessere Prognose als ihre Mutter, bei der eine deutlich invasivere Behandlung ihres eigenen Brustkrebses erforderlich gewesen sei.

Identifizierbare Patientendaten werden zunächst entfernt, bevor eine Mammografie in die Azure-Cloud von Microsoft hochgeladen wird. Nach der Anonymisierung liest die Mia-Software das Bild und sendet die Empfehlung an das Krankenhaus oder die Klinik zurück. Das Programm wird derzeit im Rahmen laufender Versuche an 4 Standorten in Europa und an 16 NHS-Standorten im Vereinigten Königreich eingesetzt.

Sarah Kerruish, Chefstrategin von Kheiron Medical, erklärte gegenüber der BBC, dass ihr KI-System Mia in einem sechsjährigen Prozess mit Mammografien von Frauen aus der ganzen Welt trainiert wurde, um die Vielfalt der Gesellschaft zu repräsentieren. Als voll entwickelt gilt Mia noch nicht. Im Test hatte das System keinen Zugriff auf die Krankengeschichte der Patientinnen und markierte daher teilweise Zysten als verdächtig, die bereits in früheren Scans identifiziert und als harmlos eingestuft worden waren.

Aufgrund von Vorschriften war zudem das Element für maschinelles Lernen des KI-Werkzeugs deaktiviert. Trotzdem gehe damit eine große Erleichterung einher, berichtete Lip. Radiologen untersuchen derzeit durchschnittlich etwa 5000 Brustscans pro Jahr und könnten 100 davon in einer einzigen Sitzung betrachten. Das könne ermüdend sein, häufig wirkten sich zudem Unterbrechungen im Praxis- oder Klinikalltag negativ auf das Einschätzungsvermögen aus. Zuvor hatte sich etwa auch schon eine KI der Google-Tochter DeepMind grundsätzlich als besser bei der Brustkrebserkennung erwiesen als Fachärzte.

(ll)