Studie: Mangelnde Selbstkontrolle durch Computerspiele

Eine neue wissenschaftliche Studie stützt die Vermutung, dass intensives Computerspielen die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern negativ beeinflusst.

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Von
  • Peter Röbke-Doerr

Eine neue wissenschaftliche Studie stützt die Vermutung, dass intensives Computerspielen die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern negativ beeinflusst. Der japanische Wissenschaftler Ryuta Kawashima von der Universität Tohoku stellte seine Forschungsergebnisse am Wochenende auf einer Konferenz zum Thema Lernprogramme in Großbritannien vor.

Wie The Observer berichtet, hatte der Wissenschaftler Bilder der Hirnaktivitäten bei mehreren hundert Teenagern angefertigt: Die eine Gruppe beschäftigte sich mit gängigen Nintendo-Spielen; eine Kontrollgruppe führte einfache Rechenaufgaben durch. Die Experten stellten zu ihrer Überraschung bei den Nintendo-Spielern lediglich Hirnaktivitäten in Bereichen fest, die üblicherweise für Bild-Wahrnehmung und Bewegung zuständig sind. Bei der Kontrollgruppe fanden sie jedoch auch Aktivitäten in der linken und rechten Hälfte des Frontal-Hirns, die für Erinnerung, Lernen und Gefühle benutzt werden.

In diesen Bereichen findet aber auch die individuelle Selbstkontrolle statt, man könnte fast von der "Lokalisierung des Gewissens“ reden. Auf jeden Fall wissen die Forscher, dass hier viel Aktivität festzustellen ist, wenn die Versuchsperson Dinge tut, die mit der Steuerung des eigenen Handelns verbunden sind – beispielsweise, wenn diese Dinge eigentlich verboten sind. Weiter ist bekannt, dass Gehirnregionen besonders dann gut funktionieren, wenn sie oft angeregt werden.

Bei übermäßigen Computer-Spiel-Aktivitäten in den für die Persönlichkeits-Entwicklung besonders wichtigen frühen Lebensjahren vermutet Kawashima quasi im Umkehrschluss eine Unterentwicklung des Frontal-Hirns mit negativen Folgen für die persönliche und gesamtgesellschaftliche Entwicklung. Diese Vermutung deckt sich mit früheren zahllosen Forschungsarbeiten zum Thema Gewalt, Aggressivität und Fernsehkonsum, bei denen keine eindeutigen und reproduzierbaren Zusammenhänge zwischen gewalttätigen Inhalten und mangelnder Selbstkontrolle zu erkennen waren. Kein Wunder, da – wenn sich die Forschungen von Kawashima als substantiell herausstellen sollten – nicht die Inhalte, sondern nur die Quantität der Bilder oder vielmehr das fehlende Training des Frontal-Hirns als Ursache der Verrohung der Gesellschaft in Frage käme; für die Verkümmerung sozialer Kompetenz wäre es also egal, ob ein Kind gewalttätige Filme oder Teletubbies konsumiert. (roe)