Studie für Forschungsministerium fordert nutzerzentriertes DRM

Digital-Rights-Management-Systeme nutzen die wirtschaftlichen Potenziale nur zu einem sehr geringen Teil: Sie sind inkompatibel, erheben umfassend Benutzerdaten und generieren keinen angemessenen Kundennutzen, heißt es in der Studie für das BMBF.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Digital-Rights-Management-Systeme nutzen die wirtschaftlichen Potenziale nur zu einem sehr geringen Teil. Der Grund: Sie sind wechselseitig inkompatibel, sie erheben umfassend Benutzerdaten und generieren insgesamt keinen angemessenen Kundennutzen. Zu diesem Schluss kommt die Studie "Datenschutzverträgliches und nutzungsfreundliches Digital Rights Management – Privacy4DRM" (PDF-Datei), die das Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie (IDMT) im Auftrag des Bundesforschungsministeriums (BMBF) im Rahmen der Innovations- und Technikanalyse (ITA ) erstellt hat.

Die Studie kümmert sich nicht um die klassische Ökonomenfrage, wie viel Cent oder Euro ein Nutzer bereit ist, zu zahlen. Sie legt den Fokus auf die Bedingungen, die die Zahlungsbereitschaft fördern. Und diese sind für die Nutzer höchst unattraktiv: "Die vorhandenen DRM-Mechanismen sind unhandlich, intransparent, bedrohlich und isolieren die legalen Kunden auf zersplitterten Marktinseln", fasst die Studie zusammen. Vor allem der mangelnde Datenschutz sei ein Grund für das brach liegende Marktpotenzial. "Solange DRM-Systeme nicht datenschutzkonform gestaltet sind, ist die Entwicklung einer angemessenen Verwertung von Urheberrechten blockiert." An der Studie haben auch die Datenschützer des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) und die Medienwissenschaftler des Instituts für Medien- und Kommunikationswissenschaft der TU Ilmenau (IfMK) mitgewirkt.

BMBF-Staatssekretär Wolf-Michael Catenhusen erklärte gegenüber heise online: "Wenn Musikhören per Internet zur komplizierten Wissenschaft wird, führt das in eine Sackgasse. Die Studie zeigt, dass es einfache und innovative Lösungen gibt, um mit kundenfreundlichen DRM-Systemen die Marktpotenziale voll auszuschöpfen." Die Studie fordert einen Paradigmenwechsel: Nicht mehr das Musikstück, sondern der Nutzer soll im Mittelpunkt des Systems stehen. "Nicht gegen den Nutzer, sondern auf den Nutzer und seine Interessen müssen die DRM-Systeme der Zukunft eingestellt werden", fordert denn auch Johann Bizer, stellvertretender Landesbeauftragter für den Datenschutz in Schleswig-Holstein und Co-Autor der Studie. Ein Ansatz dazu stellen positive Anreize zum Kauf und Bezahlen digitaler Waren dar, die ihrerseits privat schützbar sein müssen. Anbieter müssten sich fragen, für welche Leistungen "rund um die Datei" die Nutzer bereit wären, Geld auszugeben. Hier kämen die schon bislang als parallele Erlösquellen genutzten Begleitprodukte, Dienstleistungen, Komplementärgüter und Werbung infrage. Generell, so stellt die Studie fest, gebe es eine Zahlungsbereitschaft, wenn über die bloße Nutzung hinaus ein Zusatznutzen wie etwa die personalisierte, von Präferenzen, Stimmung und Anlass abhängige Auswahlhilfe für Musik generiert werde. Es sei jedoch keine Alternative, den multimedialen Content als öffentliches Gut zu behandeln oder ein Pauschalabgabenmodell auf Geräte und Medien einzuführen. Die Kosten der öffentlichen Hand für die Verwaltung und Zuweisung seien zu hoch.

Als Kronzeugin führt die Studie die Brennerstudie 2005 ins Feld, die von der International Federation Of Phonographic Industry (IFPI), einer hartnäckigen Verfechterin von DRM, erstellt wurde. Danach nahmen im Jahr 2004 in Deutschland 7,3 Millionen Nutzer 475 Millionen Musik-Downloads vor. Davon waren nur 1,8 Prozent legal. Auch Apples Online-Shop iTunes nimmt die Studie ins Visier und stellt fest: Das reine Download-Geschäft iTunes trage kaum zum Gewinn bei. Apple melde die Umsatzzahlen von iTunes nur in Verbindung mit dem iPod. Die Autoren folgern daraus: "Das Marketing hat diesen Systemen zweifellos Aufmerksamkeit und eindrucksvolle Umsatzzahlen beschert. Wir meinen aber, dass das Potenzial damit aber noch bei weitem nicht abgedeckt ist und dass im Gegenteil der Download-Markt – ohne die Cross-Finanzierung durch andere Produkte einzurechnen – bisher als erfolglos einzuschätzen ist."

Die Ursache sei die Missachtung des zentralen Paradigmas der betriebswirtschaftlichen Preisbildung, die Orientierung an den Zahlungsbereitschaften der Nutzer. Weder die Technik noch der Markt blockiere die Entwicklung innovativer DRM-Modelle, sondern "die Fixierung auf eine bestimmte Sichtweise digitaler Güter und ihrer Verwertungsmöglichkeiten analog dem physischen Träger eines Musikstückes". Da die Nutzer das DRM-Verwertungssystem nicht als fair betrachten, entstünde ein David-Goliath-Effekt. Dieser könne nur durch einen fairen Ausgleich der Interessen gelöst werden. (Christiane Schulzki-Haddouti) / (jk)