Syrisches Regime will türkischen Jet mit einem israelischen verwechselt haben

Türkische Regierung rüstet rhetorisch gegenüber Syrien weiter auf, eine UN-Konferenz über Syrien am Samstag dürfte keine Ergebnisse bringen

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Die syrische Regierung, die im Land trotz brutalem Vorgehen zusehends an Macht verliert, macht erste, wenn auch seltsame Schritte, den Konflikt mit der Türkei über den Abschuss des Militärjets einzudämmen. Der Informationsminister Omran al-Zubi erklärte gestern dem türkischen Radiosender A Haber, dass die syrischen Streitkräfte womöglich davon ausgegangen seien, dass es sich um eine israelische Militärmaschine gehandelt habe. Türkische und syrische Flugzeuge würden sich gleichen. Man würde keine türkische Militärmaschine abschießen wollen, anders sei es jedoch mit einem israelischen Militärjet: "Wenn ein israelisches Flugzeug nach Syrien eindringt, wird es mit Schüssen begrüßt." In Israel wurde diese "Entschuldigung" mit Aufmerksamkeit zur Kenntnis genommen.

Der Minister sucht Israel, das 2007 die syrische Luftabwehr ausgetrickst und einen vermuteten Atomreaktor bombardiert hatte, zum gemeinsamen Sündenbock zu machen. Bekanntlich sind die Türkei und Israel seit dem israelischen Angriff auf die Freedom Flotilla 2010, bei der Kaperung des Schiffs Mavi Marmara waren neun türkische Aktivisten getötet worden, entzweit. Israel hatte sich dafür weder entschuldigt, noch eine Kompensation geleistet.

Türkische Kommentatoren sehen allerdings darin auch einen Grund, warum der türkische Regierungschef Erdogan so aggressiv auf den Abschuss reagiert, Truppen an die Grenze schickt, droht, dass schon bei Annäherung von syrischen Truppen an die Grenze geschossen wird, und erklärt, die Opposition bis zum Sturz des syrischen Regimes zu unterstützen. Bedrohlich könnte es möglicherweise deswegen werden, weil Erdogan sich schon gegen Israel so aufgeblasen hat, aber nichts passiert ist, weswegen man in der Türkei seine Glaubwürdigkeit nicht hoch ansetzt und er bzw. seine Regierung versucht sein könnten, die Drohrhetorik auch in Taten umzusetzen.

Erdogan hat schon einmal Syrien zum "Schurkenstaat" erklärt. Man werde Syrien nicht angreifen, aber bei einem feindlichen Akt zurückschlagen. Der türkische Regierungschef hat sich nun nicht nur an die Nato und den UN-Sicherheitsrat gewandt, sondern auch direkt an den russischen Präsidenten Putin, der weiterhin Syrien schützt. In dem Telefongespräch soll er gesagt haben, dass der Abschuss nicht beabsichtigt und keine Provokation war. Vereinbart wurde lediglich, dass Russland und die Türkei während der Untersuchung des Vorfalls in Kontakt bleiben. Erdogan beharrt darauf, dass die Türkei bewiesen habe, dass die Militärmaschine zum Zeitpunkt des Abschusses 13 Seemeilen von der syrischen Küste entfernt war, was Syrien bestreitet.

Das syrische Regime scheint nun auch den Dauerkonflikt zwischen der Türkei und der kurdischen PKK schüren zu wollen. Zumindest sehen dies türkische Medien so. Verwiesen wird darauf, dass in der syrischen Stadt Ayn-al Arab auf dem höchsten Hügel eine 15 m große kurdische Flagge in der Nähe einer syrischen Flagge gehisst wurde. Die kurdische Flagge würde man von einer benachbarten türkischen Stadt sehen können, weswegen dies als Provokation gewertet wurde. Fast jeden Tag finden Kämpfe zwischen türkischen Truppen und PKK-Kämpfern statt.

Am Wochenende findet in Genf eine von den Vereinten Nationen einberufene Syrien-Konferenz statt, nachdem die Entsendung von UN-Beobachtern und der vereinbarte Waffenstillstand die Gewalt im Land nicht reduzieren konnte. Nach einem UN-Bericht hat die Gewalt sogar zugenommen. Gestern erst wurde ein Fernsehsender in der Nähe von Damaskus überfallen, zerstört und mehrere Mitarbeiter getötet. Wie immer ist unklar, wer hinter dem Angriff steht. Erstmals hatte schon einen Tag zuvor Assad erklärt, dass sich das Land in einem Krieg befinde. Das Regime sieht sich offenbar gefährdet, was auch dazu führen könnte, den Konflikt weiter anzuheizen, beispielsweise durch den Abschuss einer türkischen Maschine. Mittelfristig dürfte das Assad-Regime nicht überlebensfähig sein, es haben nur alle nach den Erfahrungen mit Afghanistan, dem Irak und Libyen Angst, was geschehen wird, wenn das mit Iran verbündete Regime zerfällt, zumal der "arabische Frühling" in Tunesien und Ägypten die Muslimbrüder an die Macht gebracht hat. Sorge besteht auch über die chemischen und biologischen Waffen, die das syrische Regime besitzen soll.

Zur UN-Konferenz, auf der ein Friedensplan ausgearbeitet werden soll, wurden weder Iran noch Saudi-Arabien eingeladen. Zwar hatte der frühere UN-Generalsekretär und jetzige UN-Syrien-Beauftragte Kofi Annan den Iran einladen wollen, worauf auch Russland gedrungen hat, vermutlich aber stieß dies auf den Widerstand der US-Regierung. Gut möglich, dass deswegen auch Saudi-Arabien als Kompensation nicht zum Zuge kam. Neben UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon werden die Außenminister der USA, Russlands, Chinas, Großbritanniens und Frankreichs am Samstag anwesend sein. Dazu kommen Vertreter aus der Türkei, dem Irak, von Kuwait, Katar, der EU und der Arabischen Liga. Wenn sich die Haltung Russlands nicht verändert, was kaum der Fall sein dürfte, wird das Treffen aller Voraussicht nach ohne Ergebnis bleiben.