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TACNET 4.0: Industriekonsortium entwickelt System für echtzeitfähige Industrievernetzung

Dusan Zivadinovic
TACNET 4.0: Industriekonsortium entwickelt System für echtzeitfähige Industrievernetzung

(Bild: oporkka/iStockphoto.com)

Im TACNET-Projekt wollen 14 Partner aus Industrie und Forschung ihre Kräfte bündeln, um unter anderem ein einheitliches System für die industrielle Echtzeitkommunikation auf Basis des kommenden 5G-Mobilfunks zu entwickeln.

14 deutsche Unternehmen und Organisationen haben sich im Projekt TACNET 4.0 zusammengeschlossen, um ein einheitliches System für die industrielle Kommunikation in Echtzeit zu entwickeln. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Grundlage des Systems soll der ab 2020 erwartete Mobilfunk der fünften Generation werden (5G). Im Zentrum stehen Verfahren für die Digitalisierung von Produktion und Robotik.

Orientiert an den Bedürfnissen des Marktes, soll eine Basis für vielfältige industrielle Anwendungen entstehen. Koordiniert wird TACNET vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) und den Nokia Bell Labs.

Den Projektnamen leiten die Teilnehmer von der sehr geringen Latenz des zugrundeliegenden 5G-Netzes ab – diese seien so niedrig, dass sie die Signallaufzeiten von Nervenfasern unterbieten und daher an taktile Wahrnehmung denken lassen (Tastsinn). Daher könne man von einem „taktilen Internet“ sprechen. TACNET 4.0 verspricht Reaktionszeiten von unter einer Millisekunde. Für Menschen ist die Signallaufzeit nicht mehr als Verzögerung wahrnehmbar.

Ausgangspunkt des TACNET-Projekts ist die vernetzte Produktion (Industrie 4.0). Mit der gegenwärtigen Technik sei die "notwendige höchste Zuverlässigkeit und Kommunikation in Echtzeit" noch nicht durchgängig möglich (Ende-zu-Ende). Die Projektteilnehmer wollen daher die Konzepte und Algorithmen entwickeln und "Voraussetzungen für viele Industrie 4.0-Anwendungen schaffen". Dazu zählen die direkte Interaktion zwischen Mensch und Maschine oder die drahtlose Prozesssteuerung.

Einer der wichtigsten Aspekte ist die lokale und standortübergreifende sichere Datenübertragung mit minimaler Verzögerung, um beispielsweise Maschinen fernsteuern zu können. Prof. Dr.-Ing. Hans Schotten meint, dass innovative 5G-Methoden "anspruchsvolle und bisher nicht realisierbare Szenarien in der Prozess- und Fertigungsautomatisierung" ermöglichen werden. Schotten ist Leiter des Forschungsbereichs Intelligente Netze am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Kaiserslautern.

Ein solches Szenario sei zum Beispiel die Fernsteuerung von mobilen Maschinen oder Robotern, die in gefährlichen Arbeitsumgebungen im Einsatz sind oder die Bedienung durch lokal nicht verfügbares Fachpersonal erfordern. Dazu werden im Projekt auch neue Ansätze, wie Big Data-Analytics, Edge-Cloud-unterstützte Echtzeitsteuerung und Ferndienste, untersucht.

Schotten koordiniert das Projekt zusammen mit Dr. Peter Rost von Nokia Bell Labs. Rost ergänzt: "Taktiles Internet ist wichtig für eine umfassende Vernetzung von Menschen und Dingen, da diese Technologie zur industriellen Wertschöpfung beiträgt und das Leben der Menschen im Alltag erleichtern wird. Niemand entwickelt die Anwendungsszenarien von morgen alleine. Es braucht eine übergreifende Zusammenarbeit unterschiedlicher Branchen. Wir freuen uns, dass wir zusammen mit den Partnern in TACNET4.0 die Entwicklung des taktilen Internets vorantreiben können.“

TACNET 4.0 soll aber auch künftige 5G-Netze und gängige sowie neuartige industrielle Kommunikationsnetze integrieren, um die unterschiedlichste industrielle Anwendungen zu unterstützen. Dazu zählt auch die Einbindung von Feldbussystemen. TACNET 4.0 setzt dabei auf offene Schnittstellen, sodass die Netzwerkfunktionen etwa durch Apps erweitert werden können. Auch soll das Mobilfunknetz zur Weitbereichsabdeckung genutzt werden, anstatt wie bisher nur lokale drahtlose Sensornetze oder WLAN zu verwenden.

Zum TACNET-Konsortium gehören unter anderem das ABB Forschungszentrum, Bosch, das Institut für industrielle Informationstechnik (inIT) der Hochschule OWL, NXP, die TU Dresden und die Uni Bremen und Partner wie BASF, Busch-Jaeger, Hirschmann Automation and Control, Vodafone und andere Unternehmen und Institutionen.

Initiiert wurde TACNET 4.0 [1] bereits im April 2017. Die Gesamtlaufzeit beträgt drei Jahre. Das BMBF fördert das Projekt [2] mit rund 6,4 Millionen Euro. Am 30.11.2017 fand in München das erste Konsortialtreffen zum ersten Projekt-Meilenstein statt. Damit schlossen die Teilnehmer die Analyse der Anwendungsfälle und Industrieanforderungen ab. Sie werden nun in die 3GPP-Standdardisierung eingebracht, sodass die technischen Arbeitsgruppen mit ihren Aufgaben starten können. (dz [3])


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-3908251

Links in diesem Artikel:
[1] http://www.tacnet40.de
[2] https://www.forschung-it-sicherheit-kommunikationssysteme.de/projekte/tacnet
[3] mailto:dz@ct.de